Datenschutzbericht
: Eine neue Datensensibilität

In den 80er-Jahren war die Welt für die Datenschützer noch in Ordnung. Zehntausende gingen auf die Straße und protestierten gegen die zwei geplanten Volkszählungen. Die Menschen befürchteten, die Datenerhebung könne der große Schritt in Richtung auf einen Orwell’schen Überwachungsstaat sein. Ihr Protest war erfolgreich. Doch diese goldenen Zeiten sind vorbei.

Kommentar von FELIX LEE

In der Welt von heute haben an jeder Ecke Boutiquebesitzer und Hausverwalter Videokameras installiert. Kaufhäuser locken mit Rabattkarten und ermitteln bis ins kleinste Detail das Kaufverhalten ihrer Kunden. Telefongesellschaften erstellen genaue Bewegungsprofile ihrer Kunden. Demnächst findet in Supermärkten sogar der RFID-Chip Einzug, der künftig auf jedem Artikel den Strichcode ersetzen soll. Auch dieser Chip dient der Erstellung von Bewegungsprofilen. Und wer immer noch glaubt, er könne eine vertrauliche Botschaft per E-Mail verschicken, der sollte sie lieber auf eine Postkarte schreiben. Das Risiko, dass Unbefugte sie lesen, ist geringer.

Für Firmen, Behörden und fast jede Privatperson mit einigen wenigen Google-Kenntnissen ist es heute möglich, mehr Daten von anderen zu sammeln denn je. Doch wie regiert der Bürger? Durch die Fülle an Datenabfragen ist er scheinbar längst abgestumpft.

Doch die steigende Zahl von Beschwerden über den Missbrauch von Daten zeigt, dass zumindest ein Teil der Bürger sich nicht mehr in jedem Speicher wohl fühlt. Knapp 20 Jahre nach dem Volkszählungsboykott ist der Kampf um die eigenen Daten nicht leichter geworden. Im Gegenteil: Der Gegner ist nicht mehr bloß der Überwachungsstaat, sondern eine Überwachungsgesellschaft, in der fast jeder jeden elektronisch ausspionieren kann.

In einer Gesellschaft, in der so viele Informationen von anderen gesammelt wird, ist der erste Schritt: sich selbst informieren.

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