Qualitätszentrum für die Pflege gefordert

Experten befürchten, dass andernfalls Pflegebedürftige unter der Föderalismusreform leiden müssen

POTSDAM ap/taz ■ Angesichts der in der Föderalismusreform geplanten Verlagerung gesetzlicher Zuständigkeiten für die Alten- und Pflegeheime auf die Bundesländer verlangen Sozialexperten national verbindliche Qualitätsstandards für die Pflege alter und bedürftiger Menschen.

Sonst sinke das Betreuungsniveau je nach Kassenlage, erklärte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie, Thomas Klie, gestern auf einer Fachtagung in Potsdam. Ein unabhängiges Institut solle die Einhaltung der Kriterien überwachen.

Qualitätsstandards seien nicht nur für die medizinische Betreuung nötig, sondern abgestimmt auch mit anderen Bereichen wie Hauswirtschaft, Wohnen oder Ernährung, sagte der Vorsitzende der Bundeskonferenz zur Qualitätssicherung im Gesundheits- und Pflegewesen (BUKO-QS), Gerhard Igl. Diese Kriterien müssten einklagbar sein. Klie erklärte, die einheitlichen Standards müssten in den Verträgen zur Pflegeversicherung festgeschrieben werden. Mit Blick auf die älter werdende Bevölkerung werde es zudem drängender, auch pflegebedürftigen Personen die Teilhabe am sozialen Leben zu ermöglichen.

Mit hohen Qualitätsstandards könne dies erreicht werden, sagte Igl. Widerstände gegen die Einrichtung eines nationalen Qualitätszentrums kommen seinen Angaben zufolge vor allem von Krankenkassen und Pflegeträgern, die ihre bisherige Selbstverantwortung auf diesem Bereich beibehalten wollten. „Dann aber entscheiden die Kostenträger je nach Kassenlage über die Qualitätsstandards“, kritisierte der Verbandsvorsitzende.

Die Qualität in der Pflege ist nicht nur anlässlich der Föderalismusreform ein Thema der Sozialpolitik. Die zunehmend dramatische Lage der Pflegeversicherung wird auch Gegenstand der aktuellen Gesundheitsreformgespräche (siehe Text oben) sein. Die Pflegekassen, die in die Krankenkassen integriert sind, müssen seit ihrer Einrichtung 1995 mit 1,7 Prozent der Bruttolöhne an Beiträgen auskommen. Doch steigen sowohl die Zahl der Pflegebedürftigen als auch die Ausgaben pro Person. Deshalb wird ein wachsender Anteil der Pflegekosten wieder von der Sozialhilfe gedeckt.

Wie in der Gesundheit bestehen auch in der Pflege zwei Optionen, um die rasant steigenden Pflegekosten zu decken: Teilprivatisierung via Kopfpauschale oder Beteiligung der Privatversicherten. Da Letztere seltener pflegebedürftig werden, stehen die privaten Pflegekassen gut da.