unterm strich
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Es gibt neuen Streit im Literaturbetrieb. Dieses Mal geht es um Fördermaßnahmen und Stipendien, also zuvorderst um Geld, im Subtext darum, ob Literaturförderung einerseits und der Buchmarkt andererseits nicht zwei verschiedene Kosmen sind. Das Kuratorium des aus Bundesmitteln betriebenen Deutschen Literaturfonds in Darmstadt hat in seiner letzten Sitzung über 700.000 Euro für deutschsprachige Autoren, Übersetzer, Literaturzeitschriften und andere Projekte der Literaturvermittlung bewilligt und entschieden, wer dieses Geld bekommt. Darüber ist der Streit entbrannt, weil der Literaturfonds der Wiener Literaturzeitung „Volltext“ 300.000 Euro zur Verfügung stellen will, damit diese eine Sonderausgabe zur Frankfurter Buchmesse produzieren kann. Diese Sonderausgabe soll den in Frankfurt verliehenen Deutschen Buchpreis featurn, mit Vorabdrucken, Interviews, Autorenporträts.

Dagegen gibt es jetzt Protest, insbesondere von Seiten der Literaturhäuser. Ernest Wichner, Leiter des Literaturhauses Berlin, hat sich gegen diesen „Unfug“ ausgesprochen“, es gäbe Förderungswerteres als dieses Projekt. Und der Leiter des Literarischen Colloquiums Berlin (LCB), Ulrich Janetzki, ist mit einem offenen Brief noch harscher geworden. Er wirft Gunther Nickel, dem für Gutachten und Projekte zuständigen Lektor des Literaturfonds, vor, mit der Förderung von Volltext „einen beispiellosen Akt von Selbstbedienung“ vorzunehmen, Nickel ist freier Autor von Volltext, und bezeichnet das Ganze als einen „Skandal“, der in Sachen Geldverteilung durch den Literaturfonds aber zur Tagesordnung gehöre: Janetzki hält den Deutschen Literaturfonds für ein „Literaturhaus nach Gutsherrenart“.

Das wiederum sieht der Geschäftsführer des Literaturfonds, Bernd Busch, keineswegs so. In einem Brief erklärt er, wie die Volltext-Förderung zustande kam, aber auch, wie überhaupt über die Verteilung der Mittel entschieden wird. Die 300.000 Euro für Volltext seien mehr eine Sicherheit als weggeplantes Geld, denn man rechne mit einem deutlich niedrigen Kostenvolumen durch Anzeigen. Und Busch erläutert, dass Nickel, als die Sitzungen des Literaturfonds vorbereitender Lektor, nicht Alleinentscheider ist: „Schon gar nicht kann das (aus sieben stimmberechtigten Mitgliedern bestehende) Kuratorium als ein Gremium gewertet werden, das vom Lektor für eigene Interessen instrumentalisiert werden kann.“

Transparenz wünscht sich Ulrich Janetzki über das Anprangern der für ihn unerträglichen Verquickung Buchmarkt/Literaturförderung hinaus, und man kann sagen: Die Transparenz scheint auf dem Weg zu sein.