portrait
: Die Italienerin fürs Parlament

Eine Italienerin ins Parlament“ – Aminata Fofana wirbt auf ihren Wahlkampf-Flugblättern mit einem Slogan, der reichlich tautologisch klingt. Wäre da nicht das Foto: Die Kandidatin ist Schwarzafrikanerin. Frau und schwarz – gleich zweifach bräche sie mit dem ungeschriebenen Gesetz des Abgeordnetenhauses in Rom, das die Politik zur fast exklusiven Sphäre weißer Männer macht. Die Frauen stellen gerade 10 Prozent, und Menschen mit Migrationshintergrund sind gar nicht repräsentiert.

Fofana könnte die Erste sein: Die Grünen stellten sie auf einen aussichtsreichen Listenplatz in der Hauptstadtregion Latium. Vorher war sie bei den Grünen nicht aktiv – aber sie fühlt sich dort zu Hause. Ihre Kindheit verbrachte sie in einem Dorf in Guinea: „Die Natur war meine Wiege, wenn überhaupt, dann wundere ich mich, dass man extra eine grüne Partei braucht, um die Grundlagen unseres Lebens zu verteidigen.“

Aus dem Dorf kam sie – „mit acht oder neun Jahren, wir zählten dort in Jahreszeiten“ – in die Stadt. Die Begegnung mit der Zivilisation erlebte Fofana als Schock. Messer und Gabel waren ihr zuwider, und sie sah ihrer Oma zu, wie die auf den Kühlschrank einredete. Mit 16 dann reiste sie zu einer Tante nach Paris – und wurde von einem Freund der Tante bald als Model entdeckt. Fofana lacht: „Ich wusste gar nicht, was das ist, ein Model.“ Nach einer kurzen Etappe in London kam sie vor 15 Jahren nach Italien, wurde später auch Staatsbürgerin.

Jüngst machte sie als Autorin auf sich aufmerksam. Ihr autobiografischer Debütroman „Der Mond, der mir folgte“ erzählt die Geschichte eines afrikanischen Mädchens, das vom Opa, dem Dorfschamanen, in die Magie eingeweiht wird, ganz gegen die Tradition, nach der bloß männliche Nachkommen an den Geheimnissen teilhaben. Bei der Suche nach dem Verleger schaute sie einfach in die Gelben Seiten, rief Einaudi an, den wichtigsten Literaturverlag – und hatte eine Woche später ihren Vertrag.

In der Politik hofft sie auf einen ähnlichen Blitzstart. Natürlich werde sie sich um die Rechte der Migranten kümmern, „nicht weil ich schwarz bin, sondern weil jedes Recht, das negiert wird, unsere Aufmerksamkeit verdient“. Bloß als Problem der Sicherheit werde Einwanderung bisher in Italien gesehen, in einem Land, das ohne Einwanderer gar nicht überleben könne, „und das doch von Invasion redet“. Entwicklungskooperation – „ich würde zuerst den hochmütigen Begriff Hilfe streichen“ – hat sie sich als zweiten Schwerpunkt ausgesucht, ihr drittes Thema wird Gewalt gegen Frauen sein. Sollte sie den Einzug ins Parlament schaffen, weiß sie schon das Motto: „Die Seele hat keine Farbe.“ MICHAEL BRAUN