„An meinem Auftrag ändert das nichts“

Till Heyer-Stuffer ist der am längsten amtierende Parteichef der Grünen. Dennoch blockte die Parteibasis seine Bewerbung um ein Parlamentsmandat ab. Ein Rücktrittsgrund sei die Niederlage aber nicht, sagt Heyer-Stuffer

taz: Herr Heyer-Stuffer, Sie sind Parteivorsitzender der Grünen. Wie lange noch?

Till Heyer-Stuffer: Die Delegierten haben mich vor einem Jahr für zwei Jahre in dieses Amt gewählt. Und ich habe nicht vor, es vorher abzugeben. Warum?

Weil Ihre Partei Ihnen am Wochenende eine kräftige Ohrfeige verpasst hat – auf der Landesliste war für den längstamtierenden Chef kein Platz.

Das bedaure ich natürlich. Aber an meinem Auftrag, die Landespartei zu führen, ändert das ja nichts. Da fühle ich mich nach wie vor in der Verantwortung. Es ist ja in grünen Landesverbänden nichts Neues, dass Vorstandsmitglieder abblitzen, wenn sie sich um ein Mandat im Parlament bewerben – in Berlin, aber auch in anderen Bundesländern.

Nehmen Sie die klare Niederlage gegen den Bildungspolitiker Özcan Mutlu kein bisschen persönlich? Nur 30,6 Prozent votierten für Sie.

Ich bin persönlich enttäuscht, das verhehle ich nicht. Nach der Abstimmung haben mich viele Parteikollegen gebeten, keine übereilten Entschlüsse zu fassen. Damit haben sie Recht, jede Rückzugsdebatte ist jetzt, im Wahlkampf, unproduktiv. Viele haben sich aber vielleicht keine Gedanken darüber gemacht, was so ein Ergebnis für den Unterlegenen bedeutet.

Warum sind Sie mit Ihrer Bewerbung gescheitert?

Da spielen verschiedene Gründe eine Rolle: das Interesse, eigene Kandidaten durchzubringen, Absprachen in den Bezirksverbänden oder auch die Vorstellung, der Vorstand solle sich lieber um die Partei im Wahlkampf kümmern. Der Parteivorsitz ist zudem – gemessen an öffentlicher Aufmerksamkeit – ein undankbares Amt. Letztlich müssten Sie das aber die Mitglieder fragen, die mich nicht gewählt haben.

Sind Sie ab jetzt ein angeschlagener Vorsitzender?

Nein. Für den Kurs der beiden Parteivorsitzenden gibt es in der Partei die volle Rückendeckung. Wir haben in den vergangenen Jahren gute Arbeit geleistet, die Grünen sind so stabil wie kaum eine andere Partei. Vor Delegiertenversammlungen wird heftig diskutiert, die danach gefassten Beschlüsse werden dann breit und geschlossen mitgetragen. Jetzt werde ich mich darauf konzentrieren, uns im Wahlkampf weiter zu profilieren.

Und nach der Wahl wieder zum langweiligen Organisationsjob zurückkehren?

Ach was. Als Vorsitzender wird es meine Aufgabe sein, wichtige Impulse in eine Regierungskoalition zu geben …

Ah ja. Klar.

Ich halte ein rot-grünes Bündnis für eine wahrscheinliche Option, wir liegen in den Umfragen gut. Für die SPD ist die Linkspartei zwar die pflegeleichtere Partnerin, die Grünen stehen aber für eine frische Denkweise. Und die SPD scheint dies langsam zu erkennen, ihre Signale der vergangenen Wochen sprechen jedenfalls dafür.

INTERVIEW: ULRICH SCHULTE