Opernchef singt Trauerarie

Der Generaldirektor der Opernstiftung zieht nach einem Jahr eine düstere Bilanz. Die von der Politik verlangten Einsparungen seien nicht umsetzbar, im Jahr 2008 werde die Stiftung arbeitsunfähig sein

VON NINA APIN

Es sieht gut aus für Berlins Opern, aber nicht mehr lange. Dies ist, in einem Satz, die Amtsbilanz des Generaldirektors der Berliner Opernstiftung, Michael Schindhelm. Er war vor einem Jahr angetreten, drei Opernhäuser und ein Ballett unter einem Stiftungsdach zu bündeln.

Die Gründung der Opernstiftung geht auf eine Initiative von Kultursenator Thomas Flierl (Linkspartei) zurück. Er wollte damit die chronischen Finanzprobleme, unübersichtlichen Organisationsstrukturen und die mangelnde Publikumsauslastung der einzelnen Häuser in den Griff bekommen. Flierl hatte seinen Wunschkandidaten Schindhelm, der zuvor in Basel wirkte, geradezu überreden müssen, den undankbaren Berlin-Job anzunehmen.

Bei seinem Amtsantritt fand Schindhelm schlecht funktionierende, unterfinanzierte und inhaltlich kaum aufeinander abgestimmte Häuser vor. Jetzt, nach einem Jahr, zieht der Generaldirektor eine dramatische Bilanz: „Momentan sieht es gut aus. Aber spätestens 2008 werden wir arbeitsunfähig sein“, prognostizierte er. Die von der Politik verlangten weiteren Einsparungen von 9,2 Millionen Euro bis zum Jahr 2009 seien unmöglich zu leisten. Selbst durch den rigidesten Sparkurs könne die Stiftung die Vorgaben des Opernstrukturfonds nicht erfüllen.

Die Schmerzgrenze für Stellenkürzungen sei bald erreicht, selbst bei hundertprozentiger Auslastung aller Häuser sei das Konsolidierungsziel nicht zu erreichen. „Wir müssen jetzt der Politik klar machen, dass das, was sie will, nicht geht“, sagte Schindhelm in Richtung des Kultursenators. Schindhelm betonte, dass er für eine Schließung oder Fusion der vier Häuser nicht zur Verfügung stehe.

Flierl räumte ein, dass es ein Problem gebe. Als ersten Schritt verlangte er von Schindhelm bis zum Herbst die Ausarbeitung eines neuen Sparkonzepts. Wenn auch dieses keine nennenswerten Sparpotenziale erschlösse, müsse langfristig über die Neujustierung „bestimmter Rahmenbedingungen“ nachgedacht werden. Auf Hilfe vom Bund können die Berliner Opernhäuser jedenfalls nicht hoffen: Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) schloss eine Beteiligung der Bundesregierung an der Opernstiftung aus.

Dabei zeigt ein Blick auf das vergangene Jahr, dass die Stiftung eigentlich gut gearbeitet hat: Ihr gelang in relativ kurzer Zeit die Schaffung eines Staatsballetts aus Teilen verschiedener Tanzkompagnien. Es entwickelte sich schnell zum erfolgreichsten Stiftungsbetrieb. Ein weiterer Erfolg ist, dass bereits zum dritten Mal hintereinander ein konsolidierter Wirtschaftsplan für die vier Häuser vorgelegt wurde. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete die Stiftung einen Überschuss von 2,7 Millionen Euro.