Uni Münster baut Videokameras wieder ab

Drei Studierende verklagen die Universität Münster wegen Videoüberwachung. Und hoffen auf das bundesweit erste Urteil gegen Campus-Kameras. Die Hochschule reagiert und schaltet zahlreiche Überwachungsanlagen wieder ab

MÜNSTER taz ■ Die Uni Münster baut einen Teil ihrer Videokameras auf dem Campus wieder ab. Die Westfälische Wilhelms-Universität reagiert damit auf Vorwürfe, die Videokameras verstießen gegen Datenschutzbestimmungen. Erst kürzlich hatten drei Studierende die Uni wegen drei Kameras verklagt. Und auch die NRW-Datenschutzbeauftrage Bettina Sokol hatte um rechtliche Klärung gebeten.

Dem kommt die Hochschule nun nach. „Ein abschließender Bericht an die Landesdatenschutzbeauftragte ist auf dem Weg“, bestätigte Uni-Sprecher Norbert Frie der taz. Insgesamt seien zwanzig Anlagen mit zum Teil mehreren Kameras auf ihre Zulässigkeit überprüft worden. Nur neun bleiben bestehen. „Die Anlagen wurden teilweise ohne Zustimmung der zentralen Verwaltung von einzelnen Instituten aufgestellt“, erklärte Frie. „Eine Überprüfung hat erst jetzt stattgefunden.“

Damit hat sich die Klage von Matthias Lehnert teilweise erledigt. Gemeinsam mit zwei Kommilitoninnen hat er die Universität wegen drei Videokameras vor dem Verwaltungsgericht Münster verklagt. Der 25-jährige Jura-Student erhofft sich bundesweite Wirkung. „Zur Videoüberwachung an Hochschulen gibt es noch kein Urteil. “ Die drei Studierenden stören sich etwa an zwei Kameras, die einen Arbeitsraum in der Uni-Bibliothek überwachen beziehungsweise den Vorraum des Schlosses, wo die Verwaltung sitzt. „Diese Überwachung ist datenschutzrechtlich nur sehr unzureichend abgesichert“, kritisierte Lehnert. Teilweise würden die Daten für mindestens 48 Stunden gespeichert. „Man kann nie sicher sein, dass das danach gelöscht wird.“

Diese beiden Kameras seien inzwischen abgebaut, sagte Uni-Sprecher Frie. Der AStA, der die Klage gegen die Universität logistisch und finanziell unterstützt, zeigte sich zufrieden. „Die Zweifel an der Verhältnismäßigkeit waren also berechtigt“, sagte AStA-Mitarbeiter Tim Ackermann mit Blick auf das Schloss.

Weiter überwacht wird dagegen der Lesesaal der Kommunalwissenschaftlichen Bibliothek. So soll offenbar verhindert werden, dass Bücher geklaut werden. Ob das funktioniert, bezweifelt nicht nur Lehnert. Schließlich dürfte kaum zu erkennen sein, ob jemand ein Buch ausleiht oder mitgehen lässt.

Lehnert fühlt sich dadurch regelrecht belästigt. „Die Kamera kann einen den ganzen Tag bei der Arbeit beobachten“, kritisiert er. Auch die Landesdatenschutzbeauftragte reagierte skeptisch auf die Bibliothekskamera. „Das ist sehr grenzwertig“, sagte ihre Sprecherin Bettina Gayk. Wenn die Kamera auch erfassen könne, was gelesen wird, sei die Freiheit der Wissenschaft in Gefahr.

Doch die Universität bleibt hart. Nur die Überwachungsanlagen würden bleiben, die „zwingend erforderlich“ seien, sagte Sprecher Frie. Nötig sei die elektronische Überwachung, um Einbrüche, Diebstähle oder auch Übergriffe auf Menschen zu verhindern. Dazu gebe es sogar eine entspreche Dienstvereinbarung mit der Personalvertretung. Demnach sollen Videokameras eingesetzt werden, um so genannte Angsträume zu beseitigen. Mehr Personal anstelle der Kameras will die Uni nicht einsetzen. „Wir können angesichts von Stellenkürzungen nicht überall jemanden hinsetzen“, sagte Uni-Sprecher Frie.

Nicht nachgekommen ist die Universität einer Aufforderung der Landesdatenschutzbeauftragen Sokol, alle Kameras abzuschalten, bis ihre Rechtmäßigkeit geklärt ist. Im Büro der Landesdatenschutzbeauftragen wird das bedauert. „Die Gefahr ist groß, dass dann Datenschutzrechte verletzt werden“, sagte Gayk. DIRK ECKERT