Jüngere Rechtsextreme schlagen eher zu

Die Potsdamer Verdächtigen sind 29 und 30 Jahre alt. Das ist untypisch. Rechte Gewalttäter sind meist unter 25

„Die Gewalt drückt sich anders aus. Die Leute verprügeln später andere, etwa ihre Partnerin“

BERLIN taz ■ Die des Mordversuchs in Potsdam verdächtigen Männer sind ungewöhnlich alt. Der eine ist 29, der andere 30 Jahre. Das wäre untypisch. „Rechtsextreme Gewalttäter sind meist männlich und zwischen 15 und 24 Jahren alt“, sagt Klaus Wahl, Professor am Deutschen Jugendinstitut in München.

Wahl hat mehrere Studien zu rechtsextremen Täterprofilen geleitet. Demnach sieht die Altersstruktur rechtsextremer Straftäter – also nicht nur Gewaltverbrecher – so aus: Die größte Gruppe ist 18 bis 20, die nächstgrößere 15 bis 17 und die drittgrößte 21 bis 24 Jahre alt. Die Zahl der 25- bis 29-jährigen liegt unter 10 Prozent. „Die Gesinnung muss sich nicht ändern, aber die Neigung zur Gewalt nimmt mit dem Alter ab.“

„Die behalten die Fremdenfeindlichkeit bei, aber treten nicht mehr offensiv auf“, bestätigt Michael Kohlstruck, Rechtsextremismusforscher an der TU Berlin. Rechtsextreme über 30 seien meist nicht gewalttätig, dafür aber politisch aktiv. Dass ab Mitte zwanzig weniger häufig zugeschlagen wird, sieht Kohlstruck in einem Reifeprozess begründet. „Sie sind eher im gesellschaftlichen Leben drin, sie haben Familie und Beruf und damit auch mehr zu verlieren.“ Dem Sozialwissenschaftler Wahl haben einige ehemalige rechtsextreme Gewalttäter berichtet, ihr Partnerinnen sähen sie lieber zu Hause als mit ihren Kumpels rumziehen und Leute verprügeln. Aber: „Meine leise Vermutung ist: Die Gewalt drückt sich anders aus. Dieselben Leute verprügeln später andere, zum Beispiel ihre Partnerin.“

Heike Kleffner von der Mobilen Beratung für Opfer rechtsextremer Gewalt in Sachsen-Anhalt kritisiert, es sei ein Mythos, dass Rechtsextremismus ein Jugendphänomen ist. Sie hat in letzter Zeit Fälle mit Tätern zwischen 15 Jahren und Anfang 30 erlebt.

Typisch für rechtsextreme Gewalttaten ist auch, dass die Täter selten einzeln auftreten: „Es sind meistens Gruppentaten“, sagt Wahl. Die Zahl der Täter variiere.

Michael Kohlstruck macht zwei häufige Tätergruppen aus: Bei dem einen Typ sind alle ungefähr gleich jung. Bei dem anderen sind es junge Erwachsene mit einer jüngeren „Gefolgschaft“. Sie sind die Leitfiguren der jüngeren. GEORG LÖWISCH