Der Baseballschläger mit der SS-Rune

Eine Gruppe von Neonazis schlug vor drei Jahren einen türkischstämmigen Jugendlichen fast tot. Sie hatten sich am Rande des Baumblütenfestes in Britz getroffen. Seit gestern stehen 3 der 25 Beteiligten vor dem Landgericht. 15 weitere müssen sich demnächst vor einem Jugendgericht verantworten

von CHRISTIAN HONNENS

Wegen rassistisch motivierter Angriffe müssen sich seit gestern drei Neonazis vor dem Berliner Landgericht verantworten. Die Anklage wirft ihnen unter anderem gefährliche Körperverletzung und Volksverhetzung vor. Im April 2003 hatte eine Gruppe von rund 25 Rechtsextremen in Rudow mehrfach Migranten durch den Stadtteil Rudow gejagt. Ein türkischstämmiger Mann wurde dabei mit einem Baseballschläger so schwer verletzt, dass er nur mit Glück überlebte. 15 Minderjährige, die an den Übergriffen beteiligt waren, werden in einem weiteren Verfahren vor dem Jugendgericht angeklagt.

Am 4. April 2003 jagte der Anklage zufolge zunächst Nico R. allein beim Baumblütenfest in Berlin-Britz drei Ausländer. Der heute 25-Jährige verwendete dabei einen Baseballschläger, auf dem das Wort Hass mit den Buchstaben „ss“ in Form einer „SS-Rune“ eingeritzt war. Die drei konnten zum Glück fliehen.

Am späteren Abend grölten insgesamt 25 rechtsradikale Männer und Frauen auf dem U-Bahnhof Johannistaler Chaussee rechte Parolen und sangen „Landserlieder“. Neben R. waren auch die nun mitangeklagten Mike K. (38) und Michael H. (25) in der Gruppe. Einige von ihnen zeigten auch den Hitlergruß und jagten Personen mit Migrationshintergrund. Als sie später am U-Bahnhof Rudow in Neukölln auf sechs Jugendliche stießen, soll der Angeklagte H. einem zunächst eine Bierflasche so heftig auf den Kopf geschlagen haben, dass sie zerplatzte. Nachdem R. mehrfach mit einem Baseballschläger auf den Kopf des türkischstämmigen Jugendlichen eingeprügelt hatte, soll H. ihn wiederum mit Fäusten geschlagen haben. Auch andere traten und schlugen den am Boden liegenden Mann der Anklage zufolge so heftig, dass er lebensbedrohliche Verletzungen erlitt.

Möglicherweise überlebte das Opfer nur, weil ein Polizist einschritt. Auch drei Jahre nach der Tat leide sein Mandant immer noch seelisch und körperlich unter der Tat, sagte der Anwalt des Opfers.

Alle drei Neonazis seien bereits einschlägig mit Gewalttaten in Erscheinung getreten, sagte Staatsanwalt Matthias Fenner. Die drei Männer seien aber nicht in Haft genommen worden, da „kein ausreichender Haftgrund“ vorgelegen habe. Einer der Angeklagten habe nach dem Überfall eine weitere rassistisch motivierte Straftat begangen, berichtete Fenner.

Vor Gericht präsentierten sich die Angeklagten als Rocker: Zwei trugen Lederwesten mit Harley-Davidson-Aufnähern, der Dritte versteckte seine Glatze unter einer Mütze, den Militärlook seiner Hose – sie war hinten komplett mit einem Tarnmuster benäht – zeigte er offen. Zu den Vorwürfen und während der zehnminütigen Anklageverlesung schwiegen die drei. Einer schüttelte nur einmal mit dem Kopf – als ihm vorgeworfen wurde, auch noch einen Gefangenen befreit haben zu wollen.

Der Prozess ist auf drei Termine angesetzt, wird aber möglicherweise länger dauern. Gestern fehlte der erste Zeuge. Das Urteil soll am 10. Mai gesprochen werden.