DIE WASG DROHT IN SPALTUNG UND CHAOS ZU VERSINKEN
: Selbst verschuldetes Debakel

Ist es vorstellbar, dass ein Dutzend fundamentalistischer Trotzkisten die Vereinigung von PDS und WASG verhindern? Schon diese Frage wirkt absonderlich – aber sie stellt sich wirklich. Wenn die WASG am Wochenende ihren Chef Klaus Ernst abserviert oder wenn sich der WASG-Parteitag nicht klipp und klar von den Sektierern der Berliner WASG distanziert, dann dürfte die Partei auseinander fliegen. Die Politprofis in der Linkspartei.PDS basteln schon an halbwegs plausiblen Szenarien, wie man irgendwie doch noch einen Teil der WASG mit ins Boot holt.

Der Streit in der WASG überfordert mittlerweile auch die Geduld des geneigten Publikums. Wer sich in die Positionspapiere und gegenseitigen Vorwürfe vertieft, dem drängt sich das Gefühl auf, auf dieser Party nichts verloren zu haben. Was dort verhandelt wird, hat mit einem vermittelbaren politisch Konflikt nicht mehr viel zu tun. Zu den bizarren Aspekten zählt, dass sich die eher fundimäßigen WASGler Basisdemokratie auf ihre Fahne schreiben. Gleichzeitig haben diese selbst ernannten Basisdemokraten aber kein Problem damit, dass die (schon vor eineinhalb Jahren bestimmten) Delegierten des Parteitags kaum ein Viertel der heutigen WASG repräsentieren. Was auch immer der WASG-Parteitag tut – ihm fehlt die demokratische Legitimation.

Schuld hat aber auch die WASG-Führung um Klaus Ernst. Politisch hat sie die Vernunft auf ihrer Seite. Sie will praktische Politik machen und keine linkssektiererische Fundamentalopposition. Allerdings führen sich die WASGler dabei auf wie ungeduldige Pädagogen – und machen so die Extremen erst recht stark. Vor allem Klaus Ernst hat sich im Konflikt mit den Berliner WASG-Fundis mehr als ungeschickt verhalten. Er hat autoritär angedroht, es werde nie eine Kandidatur der Berliner WASG geben. Aber genau so wird es wohl kommen. Wer lauthals mit leeren Drohungen um sich wirft, darf sich nicht wundern, wenn seine Autorität wankt.

Falls die WASG zerbricht, ist das ein Debakel für die Linke in Deutschland. Und zwar ein selbst verschuldetes. Daher gibt es keinen Grund für Mitleid. Wenn es so kommt, dann hat die etatistische Linke es nicht besser verdient. STEFAN REINECKE