Ein Mann sieht rot

Ex-Justizsenator Roger Kusch gründet die neue Rechtspartei „HeimatHamburg“. Der Rechtspolitiker hofft auf Stimmen rechts der CDU. Populistische Slogans ersetzen Partei-Programmatik

von Kai von Appen

Roger Kusch sieht eine Gefahr: Den Sozialismus. Für den 51-Jährigen geht das Gespenst schon längst um – in der CDU. Grund für den geschassten Justizsenator, nur einen Monat nach seinem Rausschmiss durch Bürgermeister Ole von Beust und seinem Austritt aus der CDU, dem christdemokratischen Sozialismus entgegenzutreten: mit (s)einer neuen Partei. Name: „HeimatHamburg – der rechte Weg für unsere Stadt“. Gestecktes Ziel für 2008: Einzug in die Bürgerschaft mit fünf Prozent.

Die gestrige Präsentation der Partei „Rechts von der Mitte“ im Renaissance-Hotel verläuft nach Drehbuch. Zwei junge Deerns bewachen das schwarze Laken, das bis zum Auftritt des Maestros den Parteinamen verhüllt. Erst als Kusch am roten plüschbedeckten Pult mit seiner Abrechnung über die CDU am Ende ist, der er 34 Jahre angehörte, lichten die beiden Teenager mit Pferdeschwanz das Geheimnis. „Wir haben lange über einen Namen nachgedacht“, lamentiert Kusch, „denn wir wissen, wie wichtig der Name für eine junge Partei ist.“ So habe er es damals „geradezu genial“ gefunden, als Markus Wegner mit dem platten wie einprägsamen Kürzel „Stattpartei“ den Etablierten die Stimmen abzockte. Oder Ronald Schills „Partei Rechtsstaatliche Offensive“. Es sei „grauenvoll“ gewesen, dass sich die Partei „skrupellos gegen alle Regeln des politischen Anstandes“ einfach „Schill-Partei“ genannt habe.

Kusch hofft mit HeimatHamburg den Nerv derjenigen zu treffen, die bei der CDU „keine Heimat mehr haben“ und „im rechten Weg das Gegenteil von Links erkennen“. Die politische Landschaft Hamburgs sei links der Mitte geprägt, so dass er sicher ist, mit HeimatHamburg „eine Marktlücke zu schließen“.

Dass er der CDU den Rücken gekehrt hat, sei für ihn keine Ego-Trotzreaktion auf den Rauswurf gewesen. Schon seit Jahresbeginn „nach meinem Sterbehilfevorstoß“ habe er mit der CDU quer gelegen, die seinen „rechtspolitischen Anstoß“ mit „Ignoranz“ bestraft hätte.

Dann habe er von CDU-Generalsekretär Volker Kauder ein Heftchen für ein neues Grundsatzprogramm in die Hände bekommen mit dem Slogan „Neue Gerechtigkeit durch mehr Freiheit“. Darin würden die Widersprüche zwischen Arm und Reich angeprangert. Es sei „unerträglich“, so Kusch, „dass ausgerechnet in einem CDU-Heftchen Reichen-Beschimpfung stattfindet.“ Den Rest hätten ihm die Pläne von Angela Merkels Bundesregierung zur Umstrukturierung der Krankenversicherungen gegeben: „Das ist Sozialismus pur.“

Kuschs neue Partei zählt derzeit zehn Mitglieder und wird sich nur in der Elbmetropole engagieren. Dabei räumt er ein, dass aufgrund der Erarbeitung der Parteisatzung, die ein rechtsstaatlich fragwürdigen Passus zur Ausgrenzung von Neonazis enthält, sowie der Partei-Namenssuche die Programmatik auf der Strecke geblieben ist. So hat sich HeimatHamburg zunächst nur fünf populistische Formeln als „Alternative zur linken Staatsgläubigkeit“ auf die Fahnen geschrieben. Die Abschaffung des Jugendstrafrechts, Sterbehilfe sowie den kompromisslosen Kampf gegen Drogen, denn: „Fixerstuben gehören nicht zu einer Großstadt.“

Allerdings lehnt die Partei keine Drogen ab, wenn es gegen ein Nichtrauchergesetz gehe. „Rauchen gehört zu verrauchten Kneipen“, so Kuschs Formel, ebenso wie Alkohol. Und auch der Leinenzwang für Hunde ist Kuschs Partei ein Dorn im Auge. Kusch: „Weil in Wilhelmsburg ein Kampfhund als Waffe ausgebildet wird, muss es keinen Leinenzwang für den Pudel der Dame im Elbpark geben.“