Spiel in Grenzen

Vor dem Gewinn des Doubles, von Pokal und Meisterschaft, klagt der FC Bayern München über den Standortnachteil Deutschland und die begrenzen Möglichkeiten im Weltmeisterschaftsland

„Juventus Turin erhält pro Jahr 118 Millionen Euro vom Fernsehen, bei uns sind es 16“

AUS BERLIN MARKUS VÖLKER

Vorsichtig sind sie geworden, die Bayern, fast schon larmoyant. Selbst der Konjunktiv wird bemüht. Trainer Felix Magath „würde“ von einer erfolgreichen Saison sprechen, wenn der FC Bayern München das Double packte. Das könnte bereits am Mittwoch geschehen, wenn der Hamburger SV Punkte in Köln verschenkte und der Meister zu Hause gegen den VfB Stuttgart gewänne. Eine Wiederholung des Doubles, des Gewinns von Pokal und Meisterschaft, ist noch keinem deutschen Verein gelungen. Dieses Double ist für die Bayern nach dem Pokalsieg gegen Eintracht Frankfurt zu einer Ersatzbefriedigung geworden. Das nationale Doppel soll Bayerns tiefe Enttäuschung vergessen machen. Das Aus in der Champions League kam früh – zu früh für die ambitionierten Süddeutschen. Die Spieler von der Säbener Straße, in der heimischen Liga unangefochten, räumten ihre Unterlegenheit in europäischen Gefilden ein – notgedrungen. „Ich hätte zwar auch gerne die Champions League gewonnen, aber wir müssen die Realitäten sehen“, sagte Magath am Wochenende.

Manager Uli Hoeneß hat sich auch mit den Wirklichkeiten des FC Bayern befasst und ist zu einer tieftraurigen Erkenntnis gekommen. Sie lautet: Der Klub werde in absehbarer Zeit die Champions League nicht gewinnen. „Diese Chance ist nicht so groß“, sagte Hoeneß in einem Zeitungsinterview. Da stilisierte er den FC Bayern zum Underdog, zu einem Globalisierungsopfer, das mit der Elite nicht mithalten könne, weil es auf den überhitzen Fußballmärkten einen kühlen Kopf bewahre und auch im Verteilungskampf um Fernsehgelder arg benachteiligt sei. „Juventus Turin erhält pro Jahr 118 Millionen Euro vom Fernsehen, bei uns sind es 16 Millionen.“ Das mache in fünf Jahren eine Differenz von etwa 500 Millionen. „Das ist nicht auszugleichen.“ Die Geldsäcke stünden anderswo, suggerierte der Manager. In England, Spanien und Italien rolle der Rubel – nicht aber in der Bundesliga. Ein Jammer. Muss der Deutsche Fußball-Bund in Zusammenarbeit mit dem Ligaverband DFL zu einer Spendenaktion aufrufen, zu einer groß angelegten Kollekte, damit der FC Bayern wieder konkurrenzfähig wird? Ist Deutschland in Sachen Fußball ein schlechter Standort? Verdirbt der neureiche Russe Roman Abramowitsch (FC Chelsea) allerorten die Preise?

Bei all der Hoeneß’schen Betroffenheitsprosa wird schnell vergessen, dass der FC Bayern ein prosperierendes Fußball-Unternehmen ist, das auf seinem Festgeldkonto immerhin 150 Millionen Euro liegen hat. Der Klub hat „strategische Partnerschaften“ mit Adidas und der Telekom geschmiedet, mit finanzstarken Global Playern, so schlecht geht es dem Rekordmeister wahrlich nicht, zumal in den Mittelmeer-Ligen große Schuldenberge hinter den Arenen angehäuft werden und der Erfolg fast immer auf Pump beruht. Die Bayern wirtschaften vergleichsweise mustergültig, weswegen sie auch selten bei Spielerauktionen im zweistelligen Bereich mitbieten. Das ist ein Problem, wenn es um vielversprechende Kicker geht wie den Stürmer von Independiente Buenos Aires, Sergio Aguero. Bewegen sich die Scouts der Bayern zumeist nur in Deutschland, weil hier am liebsten geshoppt wird, so flog im Fall Agueros sogar der Manager nach Südamerika, um das Wunderkind in Augenschein zu nehmen. Vergeblich. Der Bursche soll 23 Millionen kosten, eine Summe, die Bayern nicht zahlen wird. Doch Investitionen müssen her. Sie müssten in „alle Mannschaftsteile“ fließen, wie Hoeneß erklärte. Die Nachfolge von Ballack hat dabei oberste Priorität.

Aber auch hier mussten die Bayern frustriert zur Kenntnis nehmen, dass ihr Wunschkandidat Mark von Bommel (FC Barcelona) nicht mit dem Versprechen auf kostenlose Weißwurst-Frühstücke an die Isar zu locken ist. Also bedient man sich wieder aus dem Angebot der Bundesliga: bei Schalke (Lincoln), Köln (Podolski) und dem HSV (van Buyten). Diese hasenfüßige Transferpolitik macht den FC Bayern nicht zum Konkurrenten Juves, aber so hält man sich immerhin die Rivalen der Bundesliga vom Hals.