Die Reichensteuer füllt den Staatssäckel nicht

Ein Steuersatz von 45 Prozent für Großverdiener gilt ab 2007. Für die Gesundheitsreform gibt es nur einen Zeitplan

BERLIN taz ■ Neben dem Elterngeld war am Abend des 1. Mai auch die Reichensteuer ein Hauptpunkt auf der Tagesordnung des Koalitionsausschusses.

Die Reichensteuer kommt demnach auf Drängen der SPD zum 1. Januar 2007. Sie wird auf Wunsch der Union nicht die gewerblichen Einkünfte – etwa aus Personengesellschaften – umfassen, sondern bloß die privaten Einkünfte – etwa Gehälter – von über 250.000 (Singles) beziehungsweise 500.000 Euro (Ehepaare). Nur auf diese Einkommen wird dann ein Steuersatz von 45 statt 42 Prozent fällig. Die geschätzten Einnahmen liegen bei 300 Millionen Euro im Jahr.

Der so auch im Koalitionsvertrag vorgesehene Kompromiss wurde allerdings von mehreren Seiten als nicht verfassungskonform kritisiert. Denn erst in der für 2008 geplanten Unternehmensteuerreform soll eine Trennung von gewerblichen und privaten Einkünften gesetzlich neu geregelt werden. Eine Übergangsregelung zur Reichensteuer für das Jahr 2007 sei problematisch, hieß es bei der Union – sie wollte die Reichensteuer deshalb bis 2008 schieben. Die SPD sah das Problem auch – sie wollte 2007 die gewerblichen Einkünfte mit einbeziehen.

Die Großkoalitionäre präsentierten gestern nun eine Lösung, von der „wir glauben, dass sie verfassungsgemäß ist“, so CDU-Generalsekretär Roland Pofalla: Die Unternehmensteuerreform wird noch vor der Sommerpause in Eckpunkten vorgelegt. Das Kalkül lautet: Sind die Grundzüge dieser Reform erst bekannt, werden auch die angerufenen Gerichte sagen, dass man mit einem undeutlichen Übergangsgesetz 2007 leben kann – und die Reichensteuer gezahlt werden muss. Pofalla gestand freilich: „Die Koalition ist sich der rechtlichen Problematik bewusst.“

Der SPD-Steuerexperte Florian Pronold erklärte der taz, er rechne nun kaum noch damit, dass die Reichensteuer 2007 „einen Cent“ brächte. Um aber immerhin die Chance zu erhöhen, dass sie im Gesetzgebungsverfahren doch noch verfassungskonform ausgestaltet und damit ertragreich werde, „könnte man doch festschreiben, dass die beim Elterngeld entstehenden Zusatzkosten durch die Reichensteuer zu bezahlen sind“.

Der Reichensteuerkompromiss wird nun Teil von Finanzminister Peer Steinbrücks (SPD) Steueränderungsgesetz, das auch Steuersubventionen abbauen will – etwa die Pendlerpauschale. Hierzu beschlossen die Koalitionäre am Montagabend, dass es bei der Abschaffung auf den ersten 20 Kilometern des Arbeitsweges bleibt. Für Pendler mit längeren Distanzen sollen 30 Cent pro Kilometer gezahlt werden.

Die Bundesmittel gegen Rechtsextremismus, sagte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil gestern, bleiben mit 19 Millionen Euro im Jahr erhalten und „klar gewidmet“: Sie werden nicht gegen Linksextremismus oder gegen Islamismus umgetopft.

Zur Gesundheitsreform tagte gestern vorm Koalitionsausschuss die 16-köpfige Arbeitsgruppe von Union und SPD. Doch wurde weder hier noch später bei den Koalitionsspitzen mehr beschlossen als ein Zeitplan. Wie bereits von Gesundheitsministerin Schmidt (SPD) in der Presse angekündigt, soll es nun erst eine Einigung auf der „Ausgabenseite“ geben, bevor über die „Einnahmenseite“ geredet wird. Das heißt, dass erst wieder Zuzahlungen, Pillenausgaben, fachärztliche Überversorgung und Co auf dem Programm stehen, bevor über Kopfpauschale und Gesundheitssoli debattiert wird. ULRIKE WINKELMANN