Die Aydins als Modellfamilie

Linkspartei startet neue Initiative für langjährig geduldete Flüchtlinge. Danach könnten die von Abschiebung bedrohten Aydins per Integrationsvereinbarung ein Bleiberecht auf Probe bekommen

von Alke Wierth

Mit einem Brief an Innensenator Erhart Körting (SPD) hat sich der Landesvorstand der Linkspartei.PDS, für eine Bleiberechtsregelung für die von Abschiebung bedrohte kurdische Familie Aydin eingesetzt. In dem Schreiben wird vorgeschlagen, eine Integrationsvereinbarung für die Familie zu treffen, an der auch deren Unterstützerinitiative beteiligt werden solle. Die Familie solle zunächst eine Aufenthaltserlaubnis für zwei Jahre bekommen. Danach solle, so heißt es in dem vom PDS-Landesvorsitzenden Klaus Lederer unterzeichneten Brief, „bei weitgehender Einhaltung ein längerfristiger Aufenthalt gewährt“ werden. Diese Regelung könne ein Modell für Fälle wie den der Aydins werden.

Mehrere Mitglieder der aus der Türkei stammenden kurdischen Familie Aydin sollen in den kommenden Wochen abgeschoben werden, darunter die Eltern, die seit 1989 in Deutschland leben, sowie vier teils in Deutschland geborene Kinder. Drei Töchter, die sich noch in Ausbildung befinden, sollen zunächst in Berlin bleiben dürfen. Ein erster Asylantrag des Vaters war bereits Anfang der 90er-Jahre abgelehnt worden. Damals hatte er angegeben, wegen seiner Verbindungen zur PKK von türkischen Behörden verfolgt zu werden. Die Familie ließ sich dann unter falschem Namen in Berlin nieder und gab hier den Libanon als ihr Herkunftsland an. So konnten sie als geduldete Flüchtlinge bleiben.

Diese Täuschung der Behörden ist nun einer der Gründe für die angekündigte Abschiebung der Aydins. Nachdem der Innensenator bereits ein Gnadengesuch des Härtefallausschusses abgelehnt hat, entschied vergangene Woche auch der Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses mit neun zu acht Stimmen, sich nicht für eine Bleiberegelung für die Aydins einzusetzen. Ausschlaggebend war unter anderem, dass der Vater der Familie, Feyyaz Aydin, bei der versuchten Besetzung des israelischen Generalkonsulats durch Kurden 1999 anwesend war.

Seit Monaten setzt sich eine Bürgerinitiative gegen die Abschiebung der Aydins ein. Deren Mitglieder übernehmen bereits Verantwortung für die weitere Integration der Familie – etwa durch „Bildungspatenschaften“: „Wir unterstützen die Kinder bei Bildung und Ausbildung“, sagt Svenja Pelzel von der Initiative. Die Mitglieder organisierten Hausaufgabenhilfe, Praktikumsplätze oder andere Unterstützung. Die Initiative begrüßt den PDS-Vorschlag. „Das geht mit von uns aus“, sagt Pelzel. Ihre Bürgerinitiative könne ein „gesellschaftliches Vorbild“ sein.

Als „Modellprojekt“ sieht auch Karin Hopfmann, flüchtlingspolitische Sprecherin der PDS, den Vorschlag. Schriftliche Vereinbarungen, in denen genaue Verpflichtungen beider Seiten festgelegt werden, könnten in Fällen langjährig geduldeter Flüchtlinge Perspektiven schaffen. Von Behördenseite könne Beratung und Unterstützung angeboten werden. Die Betroffenen müssten sich wiederum zu Arbeitssuche, Bildungs- und Integrationsbemühungen verpflichten. „Nach zwei Jahren muss man dann sehen: Haben sie getan, was in ihrer Kraft stand?“, meint Hopfmann. Bei Vertragserfüllung solle ein sicherer Aufenthaltsstatus erteilt werden.

Innensenator Körting hat sich bislang nicht zum Vorschlag geäußert. Er weilt auf der Innenministerkonferenz, um dort auch Zuwanderung, Integration und Bleiberechte zu regeln.

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