Zündstoff für die grüne Zukunft

Nordrhein-Westfalens Grüne diskutieren am Sonntag über die Perspektiven ihrer Partei: Linke fordern eine Neuausrichtung, weg vom „neoliberalen Mainstream“. Realos geben sich defensiv

VON ANDREAS WYPUTTA

Im Vorfeld der „Zukunftskonferenz“ der nordrhein-westfälischen Grünen am Sonntag in Oberhausen fordert die Parteilinke eine Neupositionierung. Viele grüne Spitzenpolitiker seien „dem neoliberalen Mainstream verfallen“ und redeten den Sozialabbau schön, heißt es in einem Papier, das die taz nrw heute veröffentlicht (siehe unten). Unterschrieben hat nicht nur Katharina Dröge, Sprecherin der grünen Jugend NRW – kritisch geben sich auch die Kreisverbände Ruhr, Münster und Köln und mit Sabine Brauer auch die Geschäftsführerin des Landesverbands.

Angeführt von Rüdiger Sagel, wirtschaftspolitischer Sprecher der Landtagsfraktion, hatte eine Gruppe linker Grüner aus NRW ein ähnliches Papier verfasst, dass am Freitag in der Frankfurter Rundschau erschien. „Kommentare auch von Grünen-PolitikerInnen, dass ‚wir weniger zu verteilen (hätten) denn je‘ oder Aussagen, die Verzicht und neue Bescheidenheit predigen, schüren die Angst der Deutschen vor der Zukunft“, heißt es dort. Die Wirtschaft leide unter mangelnder Nachfrage, die Lohnpolitik müsse einen Inflationsausgleich wie die Steigerung der Produktivität berücksichtigen, sagen hingegen die Linken. Auf den vorausgegangenen Parteitagen seien notwendige Programmdebatten von Teilen der Partei- und Fraktionsführung verhindert worden, so Sagel zur taz: „Wir Linke wollen diese Diskussion, und wir werden sie führen.“

Der Realo-Flügel dagegen gibt sich nach den Wahlniederlagen in Land und Bund ungewohnt defensiv. „Bis zu den nächsten Wahlen haben wir noch Zeit. Deshalb können wir uns den Luxus erlauben, miteinander zu diskutieren“, sagt etwa Johannes Remmel, parlamentarischer Geschäftsführer der Düsseldorfer Landtagsfraktion. Mit Absicht hätten die Realos im Vorfeld der „Zukunftskonferenz“ auf schriftliche Positionierungen verzichtet. „Papiere sind Manifestationen, haben so etwas Endgültiges“, so Remmel. „Wir sollten erst einmal diskutieren.“

Im Hintergrund aber arbeiten Kommissionen der Landtagsfraktion bereits an Positionen, die den Linken kaum gefallen können. Deren geforderte nachfrageorientierte Politik à la Keynes sei gescheitert, heißt es bereits einleitend im Abschlussbericht der von der grünen Landtagsfraktion eingesetzten „Kommission für eine nachhaltige Finanzpolitik in Nordrhein-Westfalen“. Um den Landeshaushalt zu sanieren, sei ein noch härterer Sparkurs nötig als der von der Regierung Rüttgers verfolgte. Entgegen der offiziellen Partei- und Fraktionslinie denkbar sei auch der Verkauf von Landesbeteiligungen, etwa der Landesentwicklungsgesellschaft LEG – Zündstoff für die grüne „Zukunftskonferenz“ gibt es reichlich.