Zurück nach Bullerbü!

Mit den Clogs kehrt eine Modesünde aus den Siebzigern zurück – als Reaktion auf die Zumutungen unserer Zeit

Letzten Sommer hat sich noch kaum einer richtig getraut. Aber sie waren da: ehrlich-unprätentiöse Botten in den Auslagen ausgewählter Schuläden, zwischen bunten Ballerinas und paillettenbesetzten Pantöffelchen. Auf der Straße sah man sie nicht. Vielleicht hingen sie einfach zu lange als weiße Monster an den Füßen von Zahnarzthelferinnen und hatten diesen speziellen Praxisgeruch angenommen. Jetzt sind Clogs wieder überall – in Läden und an nackten Füßen – und riechen nach: Kindheit, Wald und Speckpfannkuchen. Der Sommer wird laut. Die Deutschen größer. Klapperholz gab dem Clog seinen Namen und mit der Holzsohle wächst jeder um ein paar Zentimeter. Das hilft dem Selbstbewusstsein und stärkt das Gemüt.

Erfunden haben die derbe Holzsohle mit aufgenagelter Lederhaube die Briten; doch der „Original Schweden-Clog“ war es, der ganze Familien durch die 70er- und 80er-Jahre trug. Offen oder geschlossen und am liebsten in Rot oder Blau. Kinder konnten den Eltern nicht weglaufen – das Cloggen muss man üben – und Ärzte und Tennisspieler erkannte man am Modell in Weiß. Mit dem Clog hat es wieder mal ein Relikt aus der guten, alten Vergangenheit ins hektische Heute geschafft. Ein bisschen Bullerbü-Idylle kann nicht schaden. „Wir wollen keine Kinder kriegen, sondern welche sein“, sagt der Clog zur Familienpolitik. Laut klingt er und gemächlich ist er – und überhaupt, sieht er nicht nach Handarbeit aus? So, als ob ein greiser Schuster die Lederstücke per Hand ans Holz nagelt? Vielleicht ist es aber gar keine weitere Retrowelle. Vielleicht ist die Rückkehr des Clog von langer Hand geplant? Bei der WM 1974 sind wir ja auch Weltmeister … da trugen wir doch auch … da hat doch nicht etwa die Fifa …?

Egal. Der Clog kommt wieder. Und er ist immer noch unbequem. KIRSTEN REINHARDT