Auf in die zweite Schlacht am See

Den Abriss konnte sie verhindern – nun kämpft die Genossenschaft des Studentendorfs Schlachtensee um Geld für die denkmalgerechte Renovierung der Gebäude. Die kostet 11,3 Millionen Euro. Die Genossen hoffen auf Hilfe vom Land Berlin

Von Silke Kohlmann

Jahrelang haben die Bewohner des Studentendorfs Schlachtensee gegen den Abriss ihres Wohnheims gerungen – erfolgreich. Jetzt steht ein neuer Kampf an: der ums Geld. Für die Renovierung des heruntergekommenen Areals veranschlagt die studentische Betreibergenossenschaft 11,3 Millionen Euro. Eine Summe, die für die 75 Teilhaber schwer zu stemmen ist. Die Genossenschaft hofft deshalb auf Unterstützung durch private Investoren – und auf Förderung durch das Land Berlin.

Im März war das Studentendorf zum Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung erhoben worden. Die Bundesregierung zeichnete damit die Nachkriegsarchitektur des Bauensembles aus. Das 1957 im Stil eines amerikanischen Campus erbaute Studentendorf sei mit seinen locker gruppierten Wohnwürfeln ein „weit über den zeitgenössischen Durchschnitt hinausragendes Beispiel für die Architektur und Gartenarchitektur der 50er-Jahre“, so die Begründung des Landesdenkmalamts Berlin.

Doch die mit der Erhebung zum Kulturdenkmal verbundene finanzielle Förderung ist für die Genossenschaft nur ein Tropfen auf den heißen Stein: 250.000 Euro gibt der Bund, das Land Berlin hat weitere 50.000 Euro für die denkmalgerechte Erneuerung zugesagt. Mit diesem Betrag sind gerade die Hälfte der Kosten für die Renovierung eines einzigen Hauses gedeckt.

Dabei sind die 11,3 Millionen Euro für die Sanierung nicht die einzigen Kosten, die auf den Schultern der Genossen lasten. 4,7 Millionen Euro ist die Genossenschaft dem Land noch für die Anlage selbst schuldig. „Durch die Mieteinnahmen können wir den Kaufpreis stemmen“, sagt Andreas Barz aus dem Vorstand der Genossenschaft. „Allerdings bliebe dann kaum noch Luft für die Erneuerung.“

Die Genossenschaft hofft darum auf ein Entgegenkommen des Landes. „Der Denkmalwert des Studentendorfs hat sich durch die Auszeichnung wesentlich erhöht, was vor allem der Stadt zugute kommt. Denn durch die Auszeichnung wird ein herausragendes Bauensemble der Berliner Nachkriegsmoderne gesichert“, erklärt Barz.

Er zeigt sich zuversichtlich, dass die Verantwortlichen im Land Berlin das ganz genauso sehen: „Es gibt im Land intensive Bemühungen, uns die Finanzierung der Bauvorhaben zu erleichtern.“ Das Land habe sich zu dem Projekt bekannt und die Leistungen der Genossenschaft anerkannt, sagt Barz weiter. Die Senatsverwaltungen für Finanzen und Kultur äußern sich derzeit allerdings nicht zu den Gesprächen über Bedingungen und Finanzierung der Sanierung.

Vor drei Jahren hatte die studentische Genossenschaft die Wohnanlage vom Land übernommen. Sie hat erreicht, dass in dem heruntergekommenen und fast vollständig entmieteten Dorf mittlerweile wieder 600 Studenten wohnen. Zwei Gästehäuser beherbergen zusätzlich Kurzzeitstudenten und Berlin-Besucher. Einen Jahresumsatz von 1 Million Euro erwirtschaftet die Genossenschaft – trotz niedriger Mieten zwischen 150 und 200 Euro pro Person. Nach der Renovierung sollen 900 Zimmer zur Verfügung stehen.

Für den Spätsommer ist der Beginn der Arbeiten geplant. Gestartet wird mit der Sanierung von Haus 8, einem noch unvermieteten Würfelhaus. Erneuert werden die Gebäude gemäß der ursprünglichen Idee: kleine Zimmer, große Gemeinschaftsräume. Doch sind sich die Betreiber bewusst, dass sich die Ansprüche der Bewohner in den letzten 50 Jahren verändert habe. „Eine Reproduktion der 50er-Jahre ist nicht unser Anliegen“, sagt Barz. Gelebter Denkmalschutz hieße auch, auf das Rücksicht zu nehmen, was sich in den letzten Jahren eingebürgert hat.

Das Studentendorf war 1957 von der US-Regierung gestiftet worden. Sie wollte Studenten einen Raum zur Verfügung stellen, an dem sie durch das gemeinsame Leben ein demokratisches Bewusstsein entwickeln können. Dies gelang: Die Studenten forderten wenig später mehr Mitspracherechte und gründeten eine Selbstverwaltung.

Bereits 1990 waren Teile der Wohnanlage unter Denkmalschutz gestellt worden – ein Status, der nicht vor Baggern und Abrissbirne zu schützen schien. Nachdem Ende der 80er-Jahre bereits ein Abrissvorhaben verhindert worden war, mussten die Bewohner seit 1998 wieder um ihr Dorf kämpfen. Mit Unterstützung von Denkmalschützern, dem Bezirk Steglitz-Zehlendorf und verschiedenen Parteien konnten die Studenten den Abriss schließlich verhindern und das Dorf kaufen.