Reiche bringen so viel Geld wie Hunde

Heute bringt Finanzminister Peer Steinbrück sein Steueränderungspaket ins Kabinett. Die Reichensteuer ist auf ein lächerliches Einnahmevolumen von 250 Millionen geschrumpft. SPD-Abgeordnete bewerten das unterschiedlich

BERLIN taz ■ Die deutschen Hundebesitzer tragen schon heute eine Steuerlast, die den Reichsten der Republik fürs kommende Jahr zugemutet werden soll. Die Biertrinker finanzieren den Staat sogar mit der dreifachen Steuersumme. Gerade einmal 250 Millionen Euro soll die Reichensteuer fürs kommende Jahr einbringen. Weil nicht alle sofort zahlen werden, rechnet das Finanzministerium für 2007 sogar nur mit 125 Millionen in der Kasse – aufgeteilt auf Bund, Länder und Gemeinden. Summa summarum kassiert Finanzminister Peer Steinbrück somit im kommenden Jahr nur etwa 60 Millionen Euro. Heute stellt er seinen Gesetzesentwurf im Kabinett vor.

Betroffen sind allein Privatleute, die mehr als 250.000 Euro im Jahr einnehmen. Sie sollen für jeden darüber liegenden Euro 45 Cent an den Staat abgeben; darunter gilt weiter der aktuelle Spitzensteuersatz von 42 Prozent. Ursprünglich hatte Steinbrück auch die Einkünfte von Spitzenverdienern unter den Zahnärzten, Rechtsanwälten und anderen Freiberuflern einbeziehen wollen, während Gewerbetreibende von Anfang an ausgenommen bleiben sollten.

Diese drohende Ungleichbehandlung der Unternehmer rief sofort mehrere Standesorganisationen auf den Plan. Auch Verfassungsrechtler äußerten Bedenken. Die sind tatsächlich berechtigt: Noch immer ist ein Verfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig, das sich auf ein bereits vor sechs Jahren abgeschafftes Gesetz bezieht und damals vom Bundesfinanzhof moniert wurde. Auch dabei geht es um eine steuerliche Ungleichbehandlung verschiedener Unternehmensformen. Am Montag formulierte Steinbrück deshalb sein „Steueränderungsgesetz 2007“ noch einmal um.

Die Einführung einer Reichensteuer geht auf eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag zurück. Die zielte vor allem darauf ab, die Empörung vieler SPD-Anhänger ob der geplanten dreiprozentigen Erhöhung der Mehrwertsteuer zu besänftigen, die die Verbraucher immerhin 24 Milliarden Euro im Jahr kosten soll. Die Reichensteuer wird nur ein Prozent dieser Summe in die Staatskasse spülen.

Dennoch hat der SPD-Obmann im Haushaltsausschuss, Karsten Schneider, keine grundsätzlichen Einwände: „Ich kann damit leben.“ Schließlich soll 2008 eine Unternehmensteuerreform greifen und so auch die Ausweitung der Reichensteuer auf die Gewinnabschöpfung von Freiberuflern möglich sein. Der SPD-Linke Karl Lauterbach spricht dagegen von Einnahmen in „homöopathischem“ Umfang.

Außerdem wird sich das Kabinett heute auch noch mit der Änderung der Pendlerpauschale beschäftigen. Erst ab dem 21. Kilometer soll die Fahrt zur Arbeit steuerlich mit 30 Cent pro Kilometer begünstigt werden. Das Finanzministerium rechnet damit, dass die Neuregelung die Staatskasse im kommenden Jahr um 1,3 Milliarden Euro entlastet.

Darüber hinaus wird der Sparerfreibetrag für Ledige auf 750 und für Verheiratete auf 1.500 Euro abgesenkt. Menschen, die Zinsen aus Vermögen erhalten, sollen fürs kommende Jahr 630 Millionen Euro mehr an die Staatskasse überweisen.

ANNETTE JENSEN

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