Uni stellt Planung ein

Die Hochschulen müssen 100 Millionen Euro einsparen, verlangten SPD und CDU vor einem Jahr. Unmöglich, sagen die Betroffenen: Bis heute sei nicht klar, wie viel Geld es wirklich gebe

von Armin Simon

Von „Spekulationen mit 27 Optionen“ redet Josef Stockemer, der Rektor der Hochschule Bremerhaven. Von „Phantomdiskussionen“ über Kürzungsquoten, die gar nicht bekannt seien, der Sprecher der Hochschule Bremen, Ulrich Berlin. Und an der Uni Bremen hat die interne Arbeitsgruppe, die über Studiengang-Streichungen debattieren und Einsparszenarien entwerfen soll, ihre Arbeit „wegen gewisser Unsicherheiten“ inzwischen „eingestellt“, wie Sprecher Eberhard Scholz es ausdrückt: Weil niemand weiß, wer wo tatsächlich wie viel einsparen muss.

Schuld an dem Chaos ist aus Sicht der Hochschulen die Politik. Erst verhandelte Wissenschaftssenator Willi Lemke (SPD) jahrelang einen „Wissenschaftsplan 2010“. Die „Planungssicherheit“, die der Senator bei der Unterzeichnung 2004 hoch und heilig versprach, hielt ganze anderthalb Jahre. Dann saßen die Spitzen von SPD und CDU zusammen und beschlossen: Die Hochschulen sollten nun doch 100 Millionen Euro weniger erhalten. Von nötigen „Abbauplanungen“ redet Lemkes Ressort inzwischen, von einer „Rücknahme von Leistungen und Angeboten in Lehre und Forschung“. Präzisere Vorgaben aber lassen auf sich warten – seit einem Jahr. Ob es bei der Einspar-Summe von knapp 100 Millionen bleibt, welche Studienangebote trotz steigender Studierendenzahlen wegfallen sollen und welche Hochschule welchen Sparbeitrag tatsächlich zu erbringen hat – all das ist bis heute offen.

Die Sparvorgabe, sagt Ulrich Berlin von der Hochschule Bremen, sei bislang „nicht mehr als eine politische Willenserklärung“: „Eine offizielle Entscheidung, ob und in welchem Umfang unser Etat gekürzt wird, ist offensichtlich nicht getroffen.“

Und auch nicht absehbar. Für den neuen „imaginären Hochschulentwicklungsplan V“, kurz „HEP V“ genannt, habe Lemke der Deputation noch nicht mal einen Referentenentwurf für den neuen Hochschulentwicklungsplan vorgelegt, kritisiert die Grünen-Wissenschaftspolitikerin Silvia Schön. Das Wissenschaftsressort, begründet ihr Sprecher Rainer Gausepohl, warte noch auf die Sparvorschläge der Hochschulen.

Den Hickhack um die Millionen selbst auszufechten haben die Hochschulen allerdings wenig Lust. „Das ist eine Entscheidung, die die Politik treffen muss“, sagt Scholz. Und der Rektor der Bremerhavener Hochschule, die um jede sechste Stelle fürchten muss, stellt klar: „Ich rede nicht über Sparmaßnahmen, solange ich nicht weiß, was Sache ist.“

Offiziell, hebt Ulrich Berlin hervor, sei der „Wissenschaftsplan 2010“ weiterhin in Kraft. Schließlich habe Lemke ihn bisher nicht gekündigt. Und in der Begründung für den Haushaltsplan, den das Parlament noch vor der Sommerpause beraten soll, wird auch noch fleißig auf ebendiesen Plan verwiesen.

Real ist allerdings deutlich weniger Geld eingeplant, als für seine Erfüllung nötig wäre. Von einem Fehlbetrag von 21 Millionen Euro für 2006 und 25 Millionen für 2007 spricht Schön. Sie fordert, die von den Koalitionsspitzen beschlossenen Kürzungen zurückzunehmen und den Hochschulen die einst versprochene Planungssicherheit wieder zurückzugeben. Anstatt sich kurzfristig Gedanken um Stellen- und Studiengangskürzungen zu machen, sollten Ressort und Hochschulen ihre Energien lieber darauf verwenden, die Wissenschaftslandschaft ab 2009 zu planen. Und zwar offensiv: „Wenn es immer mehr Studierende gibt, dann muss man auch sagen, wo die hin sollen.“