Lernen nach Spar-Profil

Hamburg schafft das Kurswahlsystem in der Oberstufe ab. Mathe, Deutsch und eine Fremdsprache werden Pflicht im Abitur. Neuartige „Profile“ sollen fächerübergreifendes Lernen ermöglichen

von KAIJA KUTTER

Die Zeiten, in denen Hamburger Schüler mit Fächern wie Biologie und Kunst ihr so genanntes „Limonaden-Abitur“ machen konnten, sind lange vorbei. Bereits seit Mitte der 90er müssen die alten Hauptfächer Deutsch, Mathematik und eine Fremdsprache bis zur Reifeprüfung gepaukt werden. Jetzt geht Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig (CDU) noch weiter: Ab dem Schuljahr 2008 sollen diese Kernfächer auch zwingend Prüfungsfächer sein.

Sie wolle damit die „Basiskompetenzen“ der Schüler ausbauen, sagt die Senatorin. Schließlich seien viele Abiturienten in Mathe so schwach, dass die Universitäten Brückenkurse anbieten müssten. Die Reform birgt indes das Risiko, dass Schüler mit Matheschwäche das Abitur nicht bestehen, obwohl sie von ihren übrigen Leistungen her ein Studium aufnehmen könnten. In Baden-Württemberg, wo die Kernfächer bereits seit 2001 Prüfungsfächer sind, zeigte sich, dass die Abiturienten in Mathe entweder sehr gut oder sehr schlecht abschnitten.

„Das Mittelfeld fehlt“, mahnte die baden-württembergische Landeselternvertreterin Ursula Duppel-Breth im vorigen Jahr. Dinges-Dierig trägt dem nun insofern Rechnung, als Mathe in zwei Niveaus angeboten werden kann: einem „grundlegenden“ und einem „erhöhten“. Im Einzelfall dürfte es aber auch vorkommen, dass nur einer der beiden Kurse angeboten wird.

Für etwas Farbe sollen die „Profile“ sorgen, festgelegte Fächerkombinationen, in denen ein Thema wie zum Beispiel das „System Erde – Mensch“ übergreifend unterrichtet wird. Jedes Profil hat ein vierstündiges Hauptfach, das als viertes Prüfungsfach gilt. Wäre dieses Fach Physik, könnte es mit Biologie, Chemie, Religion und Philosophie kombiniert werden. Bei Geschichte könnten Latein und Griechisch dazu kommen.

Dazu gibt es als dritte Säule „weitere Pflichtfächer“, zu denen bei einem musischen Profil zwingend die „Interdisziplinäre Naturwissenschaft“ gehören, bei einem naturwissenschaftlichen Profil ein musischer Kurs. Dadurch soll vernetztes Denken gefördert, aber auch alte Kürzungspolitik kompensiert werden: Hatte 1999 ein Jahrgang mit 100 Schülern noch 548 Lehrerstunden, sind es heute ein Viertel weniger. Was dazu führt, dass das alte System der Kurswahl nach Neigung kaum noch realisierbar ist: 26 der 90 Hamburger Oberstufen gelten dafür als zu klein.

Der SPD-Schulpolitiker Wilfried Buss wirft Senatorin Dinges-Dierig vor, an den kleinen Oberstufen festzuhalten und neue Probleme zu schaffen. So könne manche Schule „maximal zwei Profile“ anbieten. Eltern müssten sich schon in Klasse 5 darauf festlegen. „Kann das Kind damit nichts anfangen, muss es die Schule wechseln.“

Die GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch spricht von einer „Zwangsbeglückung in Deutsch, Mathe und Fremdsprache“ und hält die Abschaffung der Leistungskurse für falsch. Die „Profile“ hat Goetsch „schon immer begrüßt“. Wie Buss hält sie es aber für nötig, dass Schüler, die kein passendes Profil finden, sich ihr eigenes zusammenstellen können. Dies wäre machbar, würden kleinere Oberstufen zu größeren Oberstufenzentren zusammengelegt. Das aber könnte die CDU bei ihrer Wählerklientel nicht durchsetzen.