Die Frankfurter Wasserschlacht im Babylon

Das Festival „Film Polska“ ist die größte Schau des polnischen Films in Berlin. Sie beginnt mit einer Dokumentation des legendären WM-Spiels zwischen Deutschland und Polen 1974. Hauptfilm ist das schwule Drama „Homo Father“

Die Frankfurter Wasserschlacht, sagt Kornel Miglus, ist in Polen nicht vergessen. „Jedes Schulkind kennt das legendäre Halbfinalspiel zwischen Deutschland und Polen bei der WM 1974.“ Und weil das so ist, vor allem aber weil Deutschland und Polen am 14. Mai erneut aufeinander treffen werden, hat der Filmexperte des Polnischen Instituts zusammen mit Elwira Niewiera eine Videodokumentation gedreht. Ihr Titel: „Was geschah in Frankfurt am 4. Juli 1974“.

Der zwölfminütige Kurzfilm über die 0:1-Niederlage der Polen bildet den Auftakt zum diesjährigen „FilmPolska“-Festival, das vom 18. bis 28. Mai im Babylon Mitte und im Club der polnischen Versager stattfinden wird.

Der Eröffnungsfilm der bis dato größten Leistungsschau des polnischen Films in Berlin handelt allerdings von einem weniger spielerischen Thema. „Wir haben uns ganz bewusst einen Schwulenfilm ausgesucht“, sagt Miglus, der das Festival zusammen mit Mateusz Werner kuratierte. „Homo Father“ von Piotr Matwiejczyk handelt von Gabriel und Robert und ihrem sehr unterschiedlichen Umgang mit ihrer Beziehung. Als eines Tages eine junge Frau auftaucht und Gabriel als den Vater ihrer Tochter anspricht, gerät die mühsam aufgebaute Normalität ins Wanken.

„Unbekannte Filme aus Polen zu zeigen, ist ein Wagnis“, räumt Miglus unumwunden ein. Doch bei der Auswahl des Festivalprogramms ist er das Wagnis bewusst eingegangen. „Der junge polnische Film“, so Miglus, „hat es einfach verdient, nach Berlin gebracht zu werden.“ Gezeigt werden unter anderem „Der Gerichtsvollzieher“ von Feliks Falk, der Episodenfilm „Warszawa“ von Dariusz Gajewski und „Die Hochzeit“ von Wojciech Smarzowski“. Allen Filmen gemeinsam ist die Auseinandersetzung mit der sozialen und kulturellen Realität im Polen der Gegenwart.

Ganz ohne Promis würde aber auch FilmPolska nicht funktionieren. Im Programm ist deshalb eine Hommage an Krzysztof Kieślowski mit Filmen wie „Gefährliche Ruhe“ oder „Erste Liebe“, die er vor allem für das polnische Fernsehen gedreht hatte.

Ebenfalls im Programm ist auch die in Deutschland bekannte Agnieszka Holland. Ihr Film „Die einsame Frau“ eröffnet am Freitag die Reihe „Frauen filmen und Frau im Fim“. In diesem 1981 gedrehten Drama geht es um die ungewöhnliche Beziehung einer allein erziehenden Breslauer Postbotin zum Frührentner Jacek. Agnieszka Holland wird neben vielen anderen Regisseuren während des Festivals auch in Berlin sein. Ergänzt wird FilmPolska mit einem Regieworkshop, einer Werkschau von Zbigniew Rybczyński und dem täglichen „Kino Treff PL“ im Oval des Babylon Mitte.

Dass das Festival im Mai stattfindet, hat im Übrigen wieder mit dem Ereignis des Jahres – der Fußballweltmeisterschaft – zu tun. Miglus will damit aber auch Lust machen auf die neuerliche Begegnung zwischen Deutschland und Polen am 14. Juni in Dortmund. Nicht nur „Was geschah in Frankfurt am 4. Juli 1974“ wird deshalb bei FilmPolska gezeigt, sondern auch eine ungeschnittene Fassung der Wasserschlacht im Frankfurter Waldstadion. UWE RADA

Infos: www.polnischekultur.de