Leben im Maßanzug

Er war linksradikal, Mitbegründer der Band Die Haut und ein Freund männlichen Stils: Zum Tod von Martin Peter

Martin Peter war wie ein Überlebender einer längst vergangenen Zeit. Einer Epoche, in der Männer noch selbstverständlich politisch linksradikal aktiv waren – und zugleich, als ob sie unbekümmert die Idee des Warhol’schen Instant Fame beweisen wollten, legendäre Bands ins Leben riefen. Peter gründete als Gitarrist Ende der Siebzigerjahre gemeinsam mit Remo Park, Christoph Dreher und Thomas Wydler in Berlin die nach Curzio Malapartes gleichnamigem Roman benannte Instrumentalband Die Haut.

Schon bald galt die Band neben den Einstürzenden Neubauten als Speerspitze einer neuen deutschen Avantgarde. Und es ist Männern wie Peter zu verdanken, dass Westberlin Anfang der Achtzigerjahre folgerichtig zu einem Anziehungspunkt für so unterschiedliche internationale Künstler wie Arto Lindsay oder Nick Cave wurde. Mit letzterem als Sänger nahm Die Haut das lange verschollene und erst 2005 wiederveröffentlichte Album „Burnin’ the Ice“ auf – eine LP, in der die Aggression und die Energie der Revolte der frühen Achtziger gegen alles Etablierte eingefangen ist. Nach der Veröffentlichung verließ Peter Die Haut.

Martin Peter, der Anfang der Siebziger aus dem badischen Rastatt nach Westberlin zog, um Architektur zu studieren, engagierte sich lange in der Roten Hilfe und zählte zum Unterstützerkreis der frühen RAF. Seine Examensarbeit schrieb er über Gefängnisarchitektur in Deutschland. In den Achtzigern und Neunzigern arbeitete Peter als Filmschauspieler, etwa in „Flug durch die Nacht“ von Ilona Baltrusch, ein Film, der in die Sammlung des New Yorker Museum of Modern Art aufgenommen wurde.

Als Wertschätzer makelloser Oberflächen erhob Peter Maßanzüge und -schuhe in den Rang eines selbstverständlich zu wahrenden männlichen Stils und veröffentlichte zuletzt gemeinsam mit Thomas Wydler „Wie ich tat es“: eine Instrumentalplatte zu Ehren seines 2000 verstorbenen Malerfreundes Walter Stöhrer. Sein leidenschaftliches Herz zeigte sich Peter am 2. Mai missgünstig: Beim Spaziergang im Tiergarten erlitt er einen plötzlichen Herzschlag und verfiel in ein Koma, aus dem er nicht mehr erwachen sollte. Am 15. Mai 2006 starb Martin Peter im Alter von nur 59 Jahren. MAX DAX