Biodiesel-Kampagne im Bundestag

In einer Mammutsitzung äußerten sich Lobbys und Experten zum Energiesteuergesetz. Ihr Hauptkritikpunkt: Reinem Biodiesel droht ab Ende 2009 das Aus. Die ungleiche Besteuerung von Erdgas und Flüssiggas wird wahrscheinlich nicht kommen

Der Entwurf ist grottenschlecht, weil er Arbeitsplätze kostet – finden die Grünen

AUS BERLIN TARIK AHMIA

Die Anhörung zum Energiesteuergesetz geriet zum Biodiesel-Tribunal: Über 50 Sachverständige von Industrie- und Umweltverbänden kamen gestern zur Sitzung des Finanzausschusses in den Bundestag. Viele Lobbyisten waren vor allem verärgert über die Steuerpläne für Biokraftstoffe.

Ursprünglich sollte nur die Besteuerung so unterschiedlicher Energieträger wie Gas, Kohle, Öl und Biotreibstoff EU-konform in einem Gesetz zusammenfasst werden. Doch die geplante Besteuerung von pflanzlichen Treibstoffen macht es zum Politikum.

Ab August soll Biodiesel, eine Mischung aus Rapsöl und Methylalkohol, an der Zapfsäule mit 10 Cent Mineralölsteuer pro Liter belastet werden. Seit Wochen macht die Branche dagegen mobil. „Der Entwurf ist grottenschlecht. Er kostet Arbeitsplätze und nimmt der Branche die Planungssicherheit“, sekundierte gestern die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Christine Scheel. „Mittelbar hängen schon heute 80.000 Arbeitsplätze von Biokraftstoffen in Deutschland ab“, sagte Johannes Lackmann vom Bundesverband Erneuerbare Energien.

Für besonderen Unmut sorgte der Plan der Bundesregierung, ab 2010 alle gängigen Biotreibstoffe wie Biodiesel, reines Pflanzenöl und Ethanol mit 47 Cent zu besteuern. Dies entspricht dem Mineralölsteuersatz für normalen Diesel. „Das entzieht uns die Existenzgrundlage“, sagte ein Vertreter der Pflanzenölproduzenten. Auch die Biodieselhersteller sehen ihre Investitionspläne bedroht. Derzeit produzieren sie 2,6 Millionen Tonnen Biokraftstoffe; Anlagen für weitere 1,8 Millionen Tonnen seien in Planung.

Mit der vollen Besteuerung würde Biodiesel teurer werden als fossiler Diesel – als Reinkraftstoff könnte Biodiesel kaum überleben. Stattdessen soll er Zusatzstoff im normalen Sprit werden: „Die Zukunft der Biokraftstoffe liegt eindeutig in der Beimischung zu Diesel und Benzin“, heißt es beim Finanzministerium. Das ist eine klare Absage an die „Zwei-Wege-Strategie“ der Biokraftstoff-Branche, die Beimischung und Reinkraftstoffmarkt parallel erhalten will.

Ab nächstem Jahr soll vorgeschrieben sein, dass normaler Diesel 4,4 Prozent Biodiesel enthalten muss. Beim Benzin soll der Anteil bei 2 Prozent liegen und ab 2010 auf 3 Prozent steigen. Damit die Mineralölindustrie diese Quote nicht mit unökologischen Pflanzenölimporten erfüllt, die etwa aus gerodeten Urwäldern stammen, soll eine nachhaltige Produktion gesetzlich festgeschrieben werden, wie es gestern aus SPD-Kreisen hieß.

Dort war auch zu erfahren, dass Erdgas und Flüssiggas auch in Zukunft steuerlich gleich behandelt werden sollen. Bislang sollte die Förderung für Flüssiggas 2009 auslaufen, für Erdgas aber bis 2020 fortgeführt werden. Zugleich scheint nicht mehr sicher, dass sich CSU-Wirtschaftsminister Wolfgang Glos durchsetzt: Er wollte energieintensive Betriebe ganz von der Energiesteuer befreien. „Das würde ein Loch von 700 Millionen Euro reißen und kommt überhaupt nicht in die Tüte“, verlautete aus der SPD-Fraktion.