Fragen mit Signalwirkung

Franz Beckenbauer wird „Experte“ bei der Telekom, weswegen die Deutsche Fußball-Liga in Kampfrhetorik verfällt. Nun könnte sogar der neue Fernsehvertrag in Gefahr geraten

Der seit Monaten schwelende Streit zwischen der Deutschen Fußball-Liga (DFL) und der Telekom steht vor der Eskalation. Mit der Verpflichtung von Franz Beckenbauer als Kommentator macht das Telekommunikations-Unternehmen bei seinen Plänen fürs Internet-Fernsehen Ernst und bringt die Fußball-Bundesliga in große Bedrängnis. Der Liga drohen nun lange juristische Auseinandersetzungen und im schlimmsten Fall sogar ein Platzen von wesentlichen Teilen des 1,2 Milliarden schweren TV-Vertrages, der im vergangenen Dezember für drei Jahre abgeschlossen worden war.

Im Experteneinsatz

Mit Telekom-Neuzugang Beckenbauer bekommt die Auseinandersetzung eine neue Schärfe. „Beckenbauer wird Experte für unsere zukünftige Fußball-Berichterstattung“, sagte ein Konzernsprecher am Mittwoch in Bonn. Das Unternehmen zeigt sich unbeeindruckt davon, dass die Fußball-Liga sogar mit der Kündigung des Vertrages gedroht hat. „Im Extremfall könnte die Telekom die Internetrechte wieder verlieren“, lautete die Kampfansage von Liga-Präsident Werner Hackmann.

Wenn es zu keiner Einigung kommt, droht den 36 Profivereinen ein Problem, das mit der Kirch-Krise vergleichbar ist. Die Zeit drängt, denn die Ende des vergangenen Jahres abgeschlossenen Verträge gelten von Mitte August an für drei Spielzeiten.

Die Telekom scheint die Grauzonen des komplizierten Vertragswerkes ausnutzen zu wollen, mit dem sie die so genannten IPTV-Rechte für rund 50 Millionen Euro pro Jahr erworben hat. Strittig ist, auf welchen technischen Wegen das Unternehmen die Internet-Rechte nutzen und inwiefern der Pay-TV-Sender Premiere daran beteiligt werden darf. Premiere-Chef Georg Kofler sagte am Mittwoch in München zur Ausschreibung der Online-Rechte: „Dort steht klipp und klar, dass eine Übertragung des Bildmaterials auf Basis des Internet-Protokoll-Standards auch über Kabel, Satellit und terrestrisch möglich ist.“

Rangelei um Rechte

Mit einer Art technischen Umleitung wäre es möglich, dass die Telekom die bisherigen Kunden des Pay-TV-Senders Premiere mit Fußball-Berichten versorgt. Der Abonnent würde nicht merken, dass das Signal in einem Zwischenschritt im so genannten IP-TV-Standard gesendet worden ist. Damit würden womöglich Telekom und Premiere als direkter Konkurrent des neuen Pay-TV-Anbieters Arena auftreten, der für die Live-Rechte der Liga rund 200 Millionen Euro pro Jahr bezahlt.

„Es wird keine zwei Pay-TV-Angebote geben“, lautete die Aussage von Christian Seifert zu diesem Problem. Der Vorsitzende der DFL-Geschäftsleitung sagte: „Die Rechtesituation ist eindeutig.“ Ein Pay-TV-Angebot der Telekom sei nicht möglich. Ein Krisengipfel mit führenden Vertretern beider Seiten – darunter Seifert und Wolfgang Holzhäuser von der DFL sowie die Telekom-Manager Walter Raizner und Burkhard Graßmann – war bereits gescheitert.

Unstrittig ist, dass die Telekom ihre Bilder von Premiere produzieren lassen dürfte. Das Telekommunikationsunternehmen kann die Live-Berichte dann über ihr eigenes Breitbandnetz zum Kunden leiten. Bis 2007 sollen rund elf Millionen Haushalte in Deutschland an das neue Hochgeschwindigkeitsnetz V-DSL angeschlossen sein. Dieses Netz ist durch Übertragungsraten von bis zu 50 Megabit in der Sekunde in der Lage, Live-Fernsehbilder in hoher Qualität zu übertragen. Da die Telekom die Bilder nicht selber produzieren will und zudem keine Rundfunklizenz besitzt, braucht sie einen Partner für die Produktion – wie zum Beispiel Premiere.

DPA, TAZ