WAS MACHT EIGENTLICH ... der „Tagesspiegel“?
: Sich schwer verrechnen

„Schwer verrechnet“, überschrieben gestern die Kollegen vom Tagesspiegel einen kleinen Artikel. Darin beklagten sich Leiter von Haupt- und Realschulen, dass die neue landeseinheitliche Mathematikprüfung für viele Zehntklässler viel zu schwer gewesen sei. Mit den Tücken der Rechenkunst kennen sich die Tagesspiegel-Redakteure aus. Den Schülern wurde nämlich in Prüfungsaufgabe 10 ein Artikel des Blatts ans Herz gelegt. Unter der Überschrift „Menschheit mal zwei“ behauptete der Tagesspiegel im August 2004: „Die Weltbevölkerung wird bis zum Jahr 2050 auf 9,3 Milliarden Menschen wachsen, sich also fast verdoppeln“. Daneben stellten die Prüfer die Weltbevölkerungszahl von 2004 (6,4 Milliarden) und ihre Aufgabenstellung: „Überprüfen Sie die Aussage im Zeitungsausschnitt, dass sich die Weltbevölkerung bis 2050 fast verdoppeln wird.“ Mit Hilfe einfachster Rechenarten dürften viele Schüler schnell darauf gekommen sein, dass sich der Tagesspiegel hier schwer verrechnet hat. Nun könnten die Zeitungskollegen darauf verweisen, bloß eine Meldung der Nachrichtenagentur AP abgedruckt zu haben. Doch in deren Originaltext hieß es korrekt: „Die Weltbevölkerung wird um fast die Hälfte wachsen.“ Selbstverständlich wollen wir uns keineswegs über die Rechenschwächen der Kollegen belustigen. Auch in der taz wurden schon mal Millionen mit Milliarden verwechselt. Vielmehr muss man sich beim Tagesspiegel bedanken. Schließlich wird allen Zehntklässlern plausibel vorgeführt, dass sie nicht alles glauben sollen, was die Zeitungen so drucken. Schade, dass offenbar viele Schüler zu dumm waren, um das zu verstehen. GA

FOTO: AP