Deutsche Bahn soll zerschlagen werden

Die Regierung erwägt, die Bahn doch nicht an die Börse zu bringen, sondern Teile des Konzern direkt zu verkaufen. Einige Bahnsparten gelten allerdings als Ladenhüter. Nachteil für die Kunden: Tickets für Fernstrecken würden teurer

BERLIN taz ■ Die Deutsche Bahn AG hat in den letzten Jahren Unternehmensteile gekauft – jetzt soll sie möglicherweise selbst zerlegt werden. Diese Überlegung kursiert in verschiedenen Ministerien, berichtete die Süddeutsche Zeitung am Samstag.

Über die Zukunft der Bahn streuen derzeit viele „interessierte Kreise“ Informationen. Dahinter steht der Streit, wie die Deutsche Bahn privatisiert werden soll. Bisher konzentrierte sich die politische Debatte auf die Frage: Soll der Konzern mit oder ohne Schienennetz verkauft werden? Dabei war immer klar: Eine Volksaktie wird die Bahn nicht, gesucht werden große Investoren. Vor allem bei Finanzexperten galt ein Börsengang aber als Risiko. Deshalb steht nun ein Verkauf in Teilen zur Diskussion.

Als „bestes Stück“ gelten die beiden lukrativen Logistiktöchter, die weltweit mit Schiffen, Flugzeugen und Lkws unterwegs sind. Erst im vergangenen Winter hatte die Deutsche Bahn den kalifornischen Logistiker Bax erworben und dafür etwa eine Milliarde Euro Schulden gemacht. Bax gilt als ideale Ergänzung zu Schenker, das ebenfalls erst seit ein paar Jahren zur Deutschen Bahn gehört. Gemeinsam machen die beiden Unternehmen die Deutsche Bahn zum zweitgrößten Transportkonzern der Welt. 2 bis 3 Milliarden Euro, so schätzen Experten, könnte der Bund bei einem Verkauf in die Kasse bekommen.

Die für den Güterverkehr auf der Schiene zuständige Railion ist dagegen ein mickriges Pflänzchen und würde mit Sicherheit keinen Käufer finden. Sollte Schenker aus dem Bahnkonzern herausgelöst werden, würde Railion sogar noch stärker geschwächt. Denn noch drängt die Bahnspitze die Tochter Schenker dazu, Transporte auf der Schiene abzuwickeln. Damit wird Railion gestützt.

Dafür könnte das eine oder andere Regionalbahnnetz Interesse bei Investoren wecken. Der Nahverkehr der Bahn fährt immerhin ein Plus von einer halben Milliarde Euro ein. Zwar sind 70 Prozent der Einnahmen auf staatliche Subventionen zurückzuführen. Es gilt aber als sicher, dass die öffentliche Hand hier auch künftig kräftig zubuttern wird.

Der Fernverkehr würde bei einer Aufspaltung des Unternehmens dagegen ebenfalls ein Ladenhüter bleiben. Ähnlich wie bei Railion ist die Gefahr groß, dass das Angebot massiv ausgedünnt wird. Außerdem ist eine extreme Verteuerung der Fahrkarten zu erwarten, weil die bisherige konzerninterne Umschichtung von Mitteln zugunsten des Fernverkehrs nicht mehr möglich wäre. Der Bund wird die Zerschlagung der Bahn nun prüfen. Die Entscheidung zur Privatisierung soll im Laufe des Sommers fallen. ANNETTE JENSEN