arbeitszeitverlängerung
: 16 Wochen für 4 Minuten

Was kann man in 3 Minuten und 50 Sekunden nicht alles machen: Eine Zigarette rauchen, ein schönes Lied hören, ein Ei kochen. Insofern sollte keiner kommen und sagen, dass sich der 16-wöchige Streik der nordrhein-westfälischen Landesbediensteten nicht gelohnt hätte. Denn immerhin diese knapp vier Minuten pro Tag bleiben die von Ver.di vertretenen Angestellten und Arbeiter in NRW unter der 40-Stunden-Woche, die die Gewerkschaft unbedingt vermeiden wollte.

KOMMENTAR VON KLAUS JANSEN

Die kleine Rechnung ist gemein, aber aussagekräftig: Ver.di kann den Tarifvertrag im öffentlichen Dienst auch mit gröbstem Zurechtbiegen der Realität nicht als Erfolg verkaufen. Das Ergebnis hat gerade dazu gereicht, dem Vorsitzenden Frank Bsirske den Job zu retten. Mehr nicht.

Ver.di hat den Streik aus einer Position der Schwäche begonnen: Anders als bei den Kollegen der IG Metall repräsentierten ihre Verhandlungspartner keine erfolgreichen Unternehmer, sondern verschuldete Bundesländer. Anders als bei den Auseinandersetzungen mit den kommunalen Arbeitgebern konnte man nicht öffentlichkeitswirksam Mülltonnen überquellen lassen, sondern nur Kopierer im Landesamt für Datenverarbeitung vom Netz nehmen. Ergebnis: Vom Streik der Landesbediensteten hat kaum jemand etwas bemerkt.

Ähnlich traurig verläuft für Ver.di der Tarifkonflikt an den Uni-Kliniken: Hunderte Patienten warten vergeblich auf ihre Operationen, obwohl Gewerkschaft und Landesregierung den Kompromiss für die Landesbediensteten im Prinzip eins zu eins übernehmen würden. Ob es nun eine Verordnung oder ein Tarifvertrag wird, interessiert die Patienten herzlich wenig – und ist auch kaum zu erklären. Ver.di wird in den kommenden Jahren ohnehin schlucken müssen, dass die Kliniken in ihrer jetzigen Organisationsform nicht bestehen bleiben. Dass Finanzminister Linssen in dieser Übergangsphase einen Tarifvertrag verweigert, ist unsportlich: Er tritt nach gegen einen Gegner, der schon am Boden liegt.