Wehe, wenn sie aus der Tiefe des Hirnes kommen

Die Wahrheit-Reporter-Revue. Alle Fernsehfiguren während der Fußballweltmeisterschaft auf einen Blick. Mit Sprachprofilen und besonderen Merkmalen. Heute: L–Z

Drei frei empfangbare Fernsehsender und ein Bezahlkanal werden die Spiele der Fußballweltmeisterschaft übertragen, vier Wochen lang Hintergründe beleuchten und alles, was man wissen und nicht wissen muss, wortreich in Szene setzen. Unser wohltuend überschaubares, gleichwohl extrem profundes Steckbrieflexikon stellt die Spitzenkräfte von ARD, ZDF, RTL und Premiere vor, mit denen wir uns werden herumschlagen müssen. Sagen Sie dann nicht, Sie hätten nichts gewusst!

Monica Lierhaus (ARD)

Geburt: Danke, Gott!

Kindheit: Kaum interessant.

Ausbildung: Wer hätte da nicht gern den Spickzettel rübergereicht? Setzen, sechs!

Hobbys: Von uns aus auch Staubsaugen, Spazierengehen und Sticken – wir wären dabei stets an Ihrer Seite, Madame.

Sprachprofil: „Können Sie’s denn jetzt wirklich glauben?“ – Diese, diese unglaubliche Frau …

Stärken: „Wen haben Sie denn als Erstes angerufen?“ – Diese, o Gott, o Gott, diese, diese …

Schwächen: Wird auch mal älter.

Besondere Merkmale: Diese, diese … – es ist nicht zu fassen!

Wolf-Dieter Poschmann (Zettttt Deeeee Efffff)

Geburt: 1951, Köln. Allaf!

Kindheit: „Schon als Jugendlicher sammelte Wolf-Dieter Poschmann Panini-Fußball-Bildchen.“ Baldige Kehrtwende bei Interessen (siehe Ausbildung).

Ausbildung: Wehrmacht, Langstreckenlauf, en passant Blondinen, Blondinen und noch mal Blondinen (Christa Haas, ZDF).

Hobbys: Christa Haas? Nein. Brünette und noch mal Brünette.

Sprachprofil: Schnittig, kantig, voll geil und immer frisch gefönt.

Stärken: Gelegentlich stuft Prinz P. einen Gast wie Oliver Kahn kritisch-investigativ als „Weltbesten“ ein und wirft sich dann vor ihm „in den Staub“ (Klawitter u. a.). „Das ist das Schicksal großer Menschen, ausgezeichneter Menschen, hochdekorierter Menschen.“ (Originalton P.)

Schwächen: Manchmal etwas sehr kritisch, insbesondere gegenüber deutschen Fußballern.

Besondere Merkmale: Kritik- und Unterscheidungsfähigkeit (Blondinen vs. Brünette).

Marcel Reif (Sonderposten Premiere)

Geburt: Zumindest nicht in Saudi-Arabien, dafür 1949.

Kindheit: Emigration aus Polen, Übersiedlung nach Tel Aviv, dann Saudi-Arabien, nein: Kaiserslautern in der schönen Pfalz. Kommt aber aufs Gleiche raus.

Ausbildung: Lernt mit acht Jahren Deutsch. Ist dem Kollegen Béla Réthy (siehe unten) dergestalt „klappentechnisch“ weit voraus und wird deshalb schon fast 40 Jahre später Lehrbeauftragter für Publizistik. Daneben Studium des Adolf-Grimme-Preises.

Hobbys: Dicke Zigarren, dicke Königsberger Klopse, dicke sprachliche Schnitzel, äh: Schnitzer („Die Ghanaer erkennen Sie an den gelben Stutzen“).

Sprachprofil: Kein Kommentar! Meint: Wahnsinnig „hintergründig“ (Radio Bremen) zu sein.

Stärken: Kennt die Tricks der Saudis aus dem Effeff („Die Saudis versuchen ein Fell ins Trockene zu bringen“).

Schwächen: Gewisse logische Relationen („Das Schweigen von Ottmar Hitzfeld wird lauter“).

Besondere Merkmale: Interessiert sich im Gefolge Husserls und Heideggers stark für die Phänomenologie des Zeitbewusstseins („Je länger das Spiel dauert, desto weniger Zeit bleibt“).

Béla Réthy (ZDF)

Geburt: Ungarn beziehungsweise Wien (1956, auf der Flucht vor den Kommunisten).

Kindheit: Erst Brasilien, dann Deutschland (endlich).

Ausbildung: Lernt mit elf Jahren das erste Wort Deutsch. So genannter Quereinsteiger und wahrscheinlich -denker.

Hobbys: Lesen. Sagt er.

Sprachprofil: Guillotinenscharfe Beobachtungsgabe des Auges: „Auf dem Platz bisher nur Kleingehacktes“ – „Das da vorn, was aussieht wie eine Klobürste, ist Valderama“ – „Ziege ist da umgeknickt. Scheint sich um eine Schulterverletzung zu handeln“.

Stärken: Kerzengerade journalistische Gesinnung: „Spielt Deutschland, muss berücksichtigt werden, dass wir ein deutscher Sender sind und für ein deutsches Publikum senden.“

Schwächen: Ungarisches Blut.

Besondere Merkmale: Spricht mehr Sprachen, als er Fußballspieler kennt. Siehe Réthysmus.

Gerd Rubenbauer (ARD)

Geburt: Ziemlich zünftig (erzählt man sich noch heute).

Kindheit: Skilehrer.

Ausbildung: Skilehrer.

Hobbys: Skifahren lehren.

Sprachprofil: Gaudi, Brülli, Hetzi. Ist ein Witzi vor dem Herrn.

Stärken: Hetzen, brüllen, eine Gaudi haben, Witze reißen.

Schwächen: Packt öfter mal „seine Erfolgslatten aus“ (Rubi).

Besondere Merkmale: Metaphernmax, heißt: maximale Gaudi bei minimalem Hirneinsatz. Siehe auch Possenreißen.

Steffen Simon (ARD)

Geburt: Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin …

Kindheit: „Meine erste große Liebe war Emma, ein Meerschwein.“ Wie es wohl weitergegangen ist?

Ausbildung: Wäre die mal unterblieben, Deutschland wäre das Pisa-Desaster erspart geblieben.

Hobbys: Meerschweinzucht. Lockenwickeln. Mutti anlächeln.

Sprachprofil: Fixiert auf das Wesentliche. „Da holen die Brasilianer den Zauberstab raus.“ Wenn das allerdings die Mutti wüsste.

Stärken: Frontkämpfer (ehemals Rias Berlin). Atemberaubende Ahnungsabwesenheit. Weiß nur, wie man Muttti glücklich macht.

Schwächen: Chef spielen in der „Sportschau“, gelingt ihm nur mit Muttis akkurater Hilfe.

Besondere Merkmale: „Vielleicht sollte er sich in der Halbzeit mal diese Mädchenfrisur wegmachen und anfangen, wie ein Kerl zu spielen.“

Thomas Wark (ZDF)

Geburt: 1957. Die Eltern sehen Viersen vor und ziehen die Kiste auch durch. Sieht seinem Vater Oskar nach der Geburt ähnlich.

Kindheit: Vorbereitung auf das Studium der Anglistik, Amerikanistik und Geschichte beim ZDF und bei Vater Oskar in Mainz.

Ausbildung: Gelungen. Bezichtigte Axel Kruse (Hertha BSC) im „Aktuellen Sportstudio“ der Zuhälterei, leider fälschlicherweise.

Hobbys: Hat mal zusammen mit Achim Greser, Heribert Lenz, Gerhard Henschel und Jürgen Roth Fußball gespielt.

Sprachprofil: Völlig frei von Statistiken. Unfassbar!

Stärken: „Thomas Wark (ZDF) hat gestern ein Lob für seine Kommentierung des Schalke-Spiels verdient. Er war nicht nur gut vorbereitet, sondern wusste auch sehr viel über die Spieler, ihre Positionen, ihre Stärken und Schwächen.“ (forum-aufschalke.de). So kann man das sehen.

Schwächen: Entfallen dann wohl, „sieht man großzügig von Thomas Wark ab, dem es auch nach fast zwei Jahrzehnten nicht gelingen will, Spieler auf dem Rasen zu identifizieren“ (blutgraetsche.de). So kann man das sehen.

Besondere Merkmale: Hat mal zusammen mit Achim Greser, Heribert Lenz, Gerhard Henschel und Jürgen Roth Fußball gespielt. Ist das jetzt klar, wie seine Beurteilung zustande gekommen ist?

ZUSAMMENGESTELLT

VON JÜRGEN ROTH