Die Linke ist fit für den Ferienkommunismus

Auf der 29. Jahrestagung der Bundeskoordination Internationalismus (Buko) stand die Vernetzung der Proteste gegen das G-8-Treffen in Heiligendamm im Mittelpunkt. Ein Resultat ist die Organisation eines Camps an der Ostsee im August

Die vor allem von Berliner Gruppen vorangetriebene Mobilisierung gegen den G-8-Gipfel, der im Juni 2007 in Heiligendamm bei Rostock stattfinden soll, stand im Mittelpunkt der 29. Konferenz der Bundeskoordination Internationalismus (Buko). Sie tagte von Donnerstag bis gestern rund um die Technische Universität Berlin (TU). Gekommen waren über 500 Interessierte, u. a. zahlreiche Aktivisten aus Berlin. Zusätzlich gab es viele Vorträge, „antikoloniale Stadtspaziergänge“ oder auch Baumkletterkurse. Der inoffizielle Slogan des Treffens „Menschen in Bewegung“ wurde eben sehr unterschiedlich interpretiert.

Ein Ergebnis der Konferenz: Ein linkes Netzwerk will unter dem Titel „dissent“ den Gipfel mit Protesten begleiten. Dabei hat man sich die Grundlagen des internationalen globalisierungskritischen Netzwerks Peoples Globale Action (PGA) zu Eigen gemacht. Dazu gehören die Ablehnung jeglicher Form von Herrschaft und Diskriminierung sowie die Unterstützung sozialer Kämpfe auf der Straße statt Lobbyarbeit in den Parlamenten oder Institutionen.

„Nach ersten Anlaufschwierigkeiten in den vergangenen Monaten ist der Selbstfindungsprozess jetzt beendet. Wir sind handlungsfähig“, sagte ein Teilnehmer. Die Zeit drängt, denn schließlich will man mit den Aktionen nicht bis zum Gipfel warten. Unter dem etwas kryptischen Motto „Für globale soziale Rechte und ein ganz anderes Ganzes!“ wollen die AktivistInnen vom 4. bis 13. August 2006 an der Ostsee campen. Verhandlungen über den genauen Ort sind noch im Gange.

Das bisherige Camp-Konzept könnte auch mit dem Begriff „Ferienkommunismus“ umschrieben werden. „Neben gutem Leben an der schönen Ostsee mit anstrengender Selbstorganisierung und ausreichend Raum für Diskussionen und Veranstaltungen, Workshops und AGs wird das Anti-G-8-Camp an der Ostsee selbstverständlich mit Protesten und – wo es angebracht ist – auch mit sozialem Ungehorsam in der Region Präsenz zeigen“, heißt es in der Einladung. Die AktivistInnen wollen die Zeit nutzen, um sich organisatorisch auf die Gipfelproteste im nächsten Jahr vorzubereiten. Dazu gehört auch die Frage, wie man es mit den anderen linken Bündnissen hält. Denn neben dem dissent-Netzwerk rufen noch die Interventionalistische Linke, in der neben antifaschistischen Gruppen auch Attac mitarbeitet, sowie ein antiimperialistisches Bündnis zu Gipfelprotesten auf.

Dass sich die parteiunabhängige Linke nicht über einen Kamm scheren lässt, zeigte sich auch bei den zahlreichen anderen Workshops und Vorträgen, die sich unter der Überschrift „Wer kontrolliert eigentlich wen?“ dem Themen Sicherheit, Kontrolle und Überwachung widmeten. Während manche auch von Beliebigkeit sprachen, sehen Buko-AktivistInnen gerade in diesem Verzicht auf eine Generallinie den Grund dafür, dass der Buko, anders als viele andere Relikte der späten 70er-Jahre, weiterhin großen Zuspruch auch durch jüngere Menschen erfährt. Eine Buko-Aktivistin sieht den Grund in der Mischung von Theorie und Praxis. „Weil man sich für Kritik allein aber noch kein besseres Leben kaufen kann, ist der Buko immer auch ein Raum für die Vernetzung von sozialen Bewegungen.“

Peter Nowak

Infos zum Camp: www.camp06.org