Angriff von rechten Fußballfans

In Schwerin haben Fans des SC Dynamo am „Herrentag“ ein alternatives Zentrum und eine Kneipe angegriffen. Pikant: Sie gehören zum Umfeld des Fanprojekts „Fans statt Hooligans“, das vom Land gefördert wird, ohne dass Sozialarbeiter dabei sind

von ANDREAS SPEIT

Die Reaktionen findet die „Sportgemeinschaft Dynamo Schwerin“ (SG) unpassend. Auf der offiziellen Website des SG erklärt der Verein: „Wieder einmal wurde die SG Dynamo Schwerin gleichgesetzt mit Rechtsradikalismus.“ Die Gewalttätigkeit „einiger Bürger, die zufällig die Vereinsbekleidung unseres SG trugen“, würden zudem „gleichgesetzt als die pöbelnden Dynamos“. Der Grund der Verärgerung: Erneut steht das Vereins-Projekt „Fan statt Hooligan“ in der Kritik. Denn am so genannten „Herrentag“ lösten sechs bis acht Jugendliche mit Kapuzenjacken, auf denen das Dynamo-Wappen prangte, in Schwerin heftige Auseinandersetzungen aus.

„Freibier“, brüllten die etwa 18- bis 20-jährigen am Donnerstagabend im „Café Kunterbunt“. Gegen 23 Uhr waren sie äußerst aggressiv in das in der links-alternativen Szene beliebte Lokal gekommen. Als ihnen das Freibier verweigert wurde, verließen sie lautstark das Lokal in der Pfaffenstraße. Sofort danach flog ein Stein durchs Fenster. 30 Minuten später eskalierte die Situation dann vor der Kneipe „Zum Freischütz“ am Ziegenmarkt. Zuvor sollen die Fans jedoch auch im Veranstaltungszentrum „Komplex“ eine Scheibe eingeworfen haben. „Die Dynamo-Fans fielen pöbelnd in die Gaststätte ein“, berichtet Daniel Gluske der Schweriner Volkszeitung. Der Betreiber des „Freischütz“ betont, dass die Jugendlichen seine Mitarbeiter angegriffen hätten. Diesen gelang es dennoch, die Jugendlichen hinauszukomplimentieren. Kaum draußen, warfen sie wieder eine Scheibe ein. Angestellte und Gäste rannten hinaus und wollten die Täter stellen. Eine Schlägerei begann, mehrere Personen wurden verletzt.

„Zwei Personen mussten ärztlich versorgt werden“, erklärt die Polizei, die vier der Täter vorläufig festnahm. Die Tatverdächtigen gehören, so die Polizei, der rechten Szene an. Solche Gewalttäter seien keine Dynamo-Fans, betont Manfred Radtke, Präsident des SG. „Wer sich in dieser Art und Weise in der Öffentlichkeit verhält“, hebt der SG-Chef hervor, bringe „die echten Fans und den Geist von Dynamo in Misskredit“. Vom Verein könnten sie „keine Toleranz“ erwarten.

Aber genau solche Grenzziehungen vermissen einige schon länger. „In der Vergangenheit griffen die Dynamo-Fans mehrfach alternative Projekte an“, sagt Hanna Rosenthal von der Antifa Schwerin Mitte und fordert: „Innenminister Gottfried Timm muss umgehend die Förderung dieses Projekts einstellen.“ Im August 2005 hatte Timm dem SG für „Fan statt Hooligan“ einen Förderbescheid von 4.800 Euro übergeben, dem zufolge bis Juli 2007 8.000 Euro fließen sollen.

Wenig später im September 2005, lösten Schwerin-Fans bereits bei der Bezirksklasse-Partie beim FC Schönberg heftige Auseinandersetzungen aus. „Mehrmals griffen Dynamo-Fans das alternative Café Subversive in Schwerin an“, berichtet Mike Hartwig. Der Mitarbeiter der „Landesweiten Opferberatung für Betroffene rechter Gewalt“ (Lobbi) berichtet: „Einer der Leiter des Fanprojekts war dabei, als seine Jungs die Inhaber und Gäste erpresst und bedroht haben.“ Eben jener Leiter, Ronny S., ist wegen versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Laut „Spiegel TV“ hatte S. 1992 bei den Krawallen in Rostock-Lichtenhagen mitgemacht. Er sei auch nicht der einzige Dynamo-Fan, der in der Datei „Gewalttäter Sport“ erfasst ist.

„Wir wissen, mit wem wir es zu tun haben“, hatte Radtke unlängst der taz erklärt und berichtet, dass die Gruppe auf 30 Fans angewachsen sei. Sechs „harte Rechte“ wären dabei, so Radtke. Eine sozialpädagogische Betreuung, das räumte er ein, fände jedoch nicht statt. So kritisiert denn auch Cornelia Neumann vom „Mobilen Beratungsteam für demokratische Kultur“ das Konzept. Denn: „Der akzeptierende Ansatz lässt offen, wie ein Umdenken erreicht werden soll“, sagt sie.

Auf der Website führt der SG indes unter dem Titel „angebliche Dynamo-Fans hinterließen am Herrentag eine Blutspur in Schwerin“ aus: „Leider ruft die Handlungsweise wieder Leute auf den Plan, die die umgehende Einstellung des Präventionsprojektes“ fordern und hebt hervor, dass das Fanprojekt der SG seit 2003 existiere: „Das, was bislang geschaffen wurde, ist einmalig.“ Keiner könne aber von ihnen verlangen, innerhalb von Monaten die Grundgedanken einiger Dynamo-Fans ändern zu können. „Die BRD (und somit auch die Antifa) existiert bereits seit 1949 und muss immer noch mit diesem Problem kämpfen“, betont der Verein. Um das Geld muss Radtke sich nicht sorgen. Die Förderung, so läst der Innenministerium wissen, bleibt bestehen.