Keine Wetten auf der Brust

Werder Bremen und 1860 München wollen auf ihren Trikots für einen privaten Sportwettenanbieter werben. Das bayerische Innenministerium möchte das mit aller Macht verhindern

VON BENNO SCHIRRMEISTER

Ausziehen? Da scheint Günther Beckstein (CSU) nicht grundsätzlich abgeneigt. Aber keinesfalls den Bayern die Lederhosen. Nein, den Fischköppen vom SV Werder Bremen und auch den Münchner Löwen die Trikots. Da will man durchgreifen, kündigt der Sprecher des bayrischen Innenministers an. „Manche“, so Michael Ziegler, „glauben das irgendwie nicht.“

Hintergrund: Werder Bremen und 1860 München haben in der kommenden Saison denselben Trikotsponsor, den privaten Sportwettenanbieter „bet and win“. Diesbezüglich hat das Land Bremen bereits einen Anhörungsbogen verschickt, und „selbstverständlich füllen wir den aus“, sagt Werders Mediendirektor Tino Polster. „Wir hoffen aber, dass wir den Vertrag auch leben können.“ Für den Verein geht es um Einnahmen von angeblich 6 Millionen Euro. Für die klammen Löwen stehen 2 Millionen auf dem Spiel.

Die Bremer müssen ihr Formular in drei Wochen zurückgeschickt haben. „Wir werden abwarten, wie die sich verhalten“, so der Sprecher des Innensenators. Es gebe aber keinen Zweifel daran, dass man „gegebenenfalls konsequent vorgehen“ werde. Wahrscheinlich aber wird die Sache schon vorher in München eskalieren: „Spiele mit diesen Leibchen wird es in Bayern nicht geben“, sagt nämlich Ziegler. „Das ist Werbung für illegales Glücksspiel.“ Ein geeigneter Moment für einen medienwirksamen Zugriff wäre, wenn der AC Mailand in der Vorbereitung zum Freundschaftsspiel anreist, wie der gemeinsame Sponsor versprochen hat. Auch soll es ein b&w-Turnier mit dem tschechischen Meister Slovan Liberec und dem deutschen Vizemeister geben.

Der Hintergrund: Die vier privaten Wettanbieter, die im Besitz einer Glücksspiellizenz aus den letzten Tagen der DDR sind, haben in der Vergangenheit üppig Banden und Website-Plätze gebucht. „Wir sind seit 15 Jahren im Geschäft“, sagt Firmensprecher Hartmut Schultz. „Die Lizenz ist immer angefochten worden – und hat Bestand.“ Die herrschende Rechtsauffassung hatte 2001 der Bundesgerichtshof verkündet: Die Genehmigungen seien „deutschlandweit gültig“.

Auslöser der aktuellen Innenminister-Initiative war dagegen ein Spruch des Bundesverfassungsgerichts im März. Bei diesem Verfahren ging es überhaupt nicht um die DDR-Lizenzen, sondern um die Frage, ob das staatliche Wettmonopol mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit vereinbar ist. Ist es nicht, so die Karlsruher Richter. Es sei denn, es wäre „am Ziel der Bekämpfung der Suchtgefahren“ ausgerichtet.

Man könnte meinen: Damit wäre der Wettmarkt auf einen Schlag liberalisiert. Ist er aber nicht. Der Haken sind die Übergangsbestimmungen: Bis zu einer Neuregelung dürfe „das gewerbliche Veranstalten von Wetten durch private Wettunternehmen und die Vermittlung von Wetten“, die nicht das jeweilige Land veranstaltet, „unterbunden werden“ heißt es. Und darauf stützen sich die Innenminister. Die DDR-Lizenziaten hingegen speisen ihre Zuversicht aus dem Satz, dass bis zur Neuregelung „die bisherige Rechtslage anwendbar“ bleibe. Bloß: Ist damit das jeweilige Landes-Lottogesetz gemeint – oder das, was der BGH entschieden hatte?

Auf Letzteres hat die DFL getippt. In einem Schreiben zum Verfassungsgerichtsurteil heißt es, man habe „berechtigten Anlass zur Annahme, dass […] die existierenden DDR-Lizenzen als bundesweit gültige Erlaubnisse angesehen werden“. Entsprechenden Partnerschaften stünde „nichts im Wege“. Verfasst ist der Brief am 5. April. Mindestens die Löwen haben ihren Sponsoring-Vertrag erst nach Erhalt dieser Empfehlung unterzeichnet.