Manndeckung für Hooligans

Die Polizei erwartet, das Hooligans aus vielen Ländern zur Fußball-WM in die Hauptstadt reisen. Sie arbeitet eng mit Kollegen jenseits der Grenze zusammen. Und will gewalttätige Fan-Trupps begleiten

VON PLUTONIA PLARRE

Die Polen kommen mit 68 Mann. Die Engländer mit 80. Auch die Franzosen, Italiener, Portugiesen, Kroaten, Schweizer und Holländer bringen eigene Leute mit. Japan, Brasilien, Ghana und die USA reisen mit kleineren Delegationen an. Die einzigen WM-Teilnehmerländer, die keine Polizisten entsenden, sind Australien und Trinidad und Tobago.

Aus der Anzahl der Polizisten ließen sich aber keine Rückschlüsse auf zu erwartende Hooligans aus den jeweiligen Ländern ziehen, versichert Michael Waldhecker. Waldhecker ist Sprecher der „Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze“ (ZIS) in Düsseldorf, die die Hooligans registriert. Die ZIS ist bundesweit die einzige Stelle, die weiß, mit wie vielen Hooligans aus welchen Ländern bei der WM zu rechnen ist. Aber diese Daten werden streng geheim gehalten. Selbst die Länderpolizeien bekommen – zu ihrem Leidwesen – nur spärliche Informationen.

Das Letzte, was Deutschland nach den Schlagzeilen über rassistische Angriffe und No-go-Areas gebrauchen kann, ist eine Hooligan-Hysterie kurz vor der WM. Vor allem die polnischen Hooligans sind den Medien in den letzten Wochen als Problem hochgejazzt worden. In keinem anderen Land Europas gebe es so viele Hooligans, so der Tenor. „Noch nie war eine WM für sie so nah“, schrieb eine überregionale Zeitung. Besonderheiten der Polen seien ihre große Brutalität und die Tatsache, dass sie keinen Ehrenkodex besäßen, bestätigt man in Berliner Sicherheitskreisen. „Sie agieren nicht nur mit der Faust, sondern auch mit Latten und Messern.“

Offiziell gesagt werden dürfen solche Sätze nicht mehr. Die taz erfuhr aus gut unterrichteten Kreisen, dass Polen auf politischer Ebene gegen diese Stigmatisierung protestiert hat. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) zeigte sich gestern optimistisch: „Ich bin guter Dinge, dass wir den Hooliganismus mit Hilfe der Nachbarländer in den Griff bekommen.“ Die Nachbarländer, dazu gehört nicht nur Polen – sondern auch die Niederlande und England. Auch aus Kroatien und der Ukraine werden Hooligans erwartet. Der Plan der Sicherheitsbehörden sieht vor, dass die ausländischen Hooligangruppen von Polizisten ihrer jeweiligen Länder nach Deutschland begleitet und hier „nahtlos“ der Polizei übergeben werden.

Analog zur täterorientierten Manndeckung, die auch am 1. Mai in Kreuzberg praktiziert wird, sollen sich die Bundespolizei und im Stadtgebiet Berliner Beamte an die Fersen der Hooligantrupps heften und damit verhindern, dass diese aus dem Ruder laufen. Durch eine Urlaubssperre verfügt Polizeipräsident Dieter Glietsch über 23.000 „hoch motivierte“ Mitarbeiter. Die Unterstützungskräfte aus den anderen Ländern haben auf normalem Straßenland keine besondere Eingriffsbefugnis.

In dem früheren Abschiebegewahrsam in der Kruppstraße in Moabit ist während der WM eine Bearbeitungsstelle eingerichtet worden, in der große Massen von Beschuldigten von der Staatsanwaltschaft abgefertigt und dem Haftrichter vorgeführt werden können. Nachdem sie in Schnellverfahren abgeurteilt werden, lautet für ausländische Hooligans, wenn rechtlich möglich, die Devise: In Polizeibegleitung zur Grenze und ab nach Hause.