Flüchtlingsdrama in der PDS

Die flüchtlingspolitische Sprecherin der PDS-Fraktion tritt zurück – aus Protest gegen die harte Haltung des SPD-Innensenators im Fall der Flüchtlingsfamilie Aydin. SPD und PDS wiegeln ab

VON ALKE WIERTH

Die langjährige flüchtlingspolitische Sprecherin der PDS-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Karin Hopfmann, hat gestern dieses Amt niedergelegt. Grund ist „die unnachgiebige Haltung des Berliner Innensenators Ehrhart Körting (SPD) im Fall der kurdischen Familie Aydin“, so Hopfmann in ihrem Rücktrittsschreiben.

Hopfmann, die seit 1995 für die Linkspartei.PDS im Parlament sitzt, hatte sich für ein Bleiberecht für die aus der Türkei stammende kurdische Flüchtlingsfamilie engagiert, deren Mitgliedern trotz langjährigen Aufenthalts in Deutschland mehrheitlich die Abschiebung droht. Innensenator Körting hatte an dem Beschluss festgehalten, obwohl sich die Härtefallkommission und eine Bürgerinitiative für die als gut integriert geltende Familie eingesetzt hatten. Auf einen von Hopfmann angestoßenen PDS-Vorschlag, der Familie per Integrationsvereinbarung zunächst befristeten Aufenthalt anzubieten, hat er bislang nicht reagiert.

Körtings Haltung sei ein „Affront“ gegen die, die sich für die Familie und für eine humane Flüchtlingspolitik engagiert hätten, so Hopfmann. Ihr Rücktritt sei „ein Schritt, der nicht ohne Bitterkeit, aber in seiner Konsequenz notwendig“ sei.

In den Fraktionen von PDS und SPD sorgte ihr Rücktritt für Bedauern, aber auch für Überraschung. „Wir sind davon ausgegangen, dass in der Sache Aydin das letzte Wort noch nicht gesprochen ist“, so die Pressesprecherin der PDS-Fraktion, Kathi Seefeld. Die Fraktion habe geschlossen hinter Hopfmanns Engagement gestanden. „Wir verlieren eine fachkompetente Sprecherin für den Bereich Migrations- und Flüchtlingspolitik“, sagt Fraktionskollegin Evrim Baba. Die Entscheidung zum Rücktritt könne sie aber verstehen.

Auch in der Fraktion des Koalitionspartners SPD wird Karin Hopfmanns Rücktritt bedauert. „Es ist schade, dass so eine fleißige und engagierte Kollegin das Handtuch wirft“, sagt die SPD-Abgeordnete Ülker Radziwill. Es gebe aber aus Sicht der SPD-Fraktion viele Gründe, warum der Familie Aydin kein dauerhafter Aufenthalt gegeben werden könne. In einer Abstimmung des Petitionsausschusses, bei der die Grünen die Bewilligung eines Aufenthaltstitels für die Familie beantragt hatten, waren die SPD-Mitglieder mehrheitlich der Linie des Innensenators gefolgt, der eine humanitäre Lösung für die Familie auch aufgrund der PKK-Nähe des Vaters ablehnt.

Den Koalitionsfrieden bedroht der Rücktritt der Flüchtlingspolitikerin nicht. Man könne Karin Hopfmanns Enttäuschung „aus ihrer Sicht verstehen“, sagt Hans-Peter Stadtmüller, der Pressesprecher der SPD-Fraktion: „Aber am Sachverhalt ändert sich nichts.“ Man werde sich in der Sache Aydin „weiter um eine Klärung bemühen“, kündigte PDS-Fraktionschef Stefan Liebich an. Da die Aydins derzeit nicht unmittelbar von Abschiebung bedroht seien, gebe es keinen Grund, dem Koalitionspartner gegenüber eine härtere Linie zu fahren, sagt PDS-Chef Klaus Lederer: „Die Entscheidung liegt beim Innensenator.“

Eben nicht mehr, meint Karin Hopfmann. Der habe sie, indem er seine Chance zu einer humanitären Lösung verstreichen ließ, ans Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgeschoben. „Nicht fair“ sei Körtings Verhalten, so Hopfmann. Sie hatte bereits lange vor dem gestrigen Rücktritt angekündigt, sich nicht wieder um ein Abgeordnetenmandat bewerben zu wollen.

Innensenator Körting wollte „die persönliche Entscheidung“ der Flüchtlingspolitikerin gestern nicht kommentieren: „Ich schätze Frau Hopfmann als sehr engagierte Verfechterin ihrer Ideen“, ließ er mitteilen.