Nickel schwebt in der Luft

Luftmessungen enthüllt hohe Nickelbelastung im Umfeld der Stahlwerke. Umweltbehörde will Emittenten suchen. Grüne fordern: Das Arcelor-Werk müsse seine Schadstoff-Emissionen reduzieren

von Armin Simon

Im Bremer Westen ist der Staub in der Luft zum Teil deutlich über den Grenzwerten mit Krebs erregendem Nickel und Cadmium belastet. Zu diesem Ergebnis kommt eine vom Umweltressort in Auftrag gegebene Messreihe, die das Technologie-Transfer-Zentrum (ttz) Bremerhaven im Umfeld der Bremer Stahlwerke durchführte. Die Ergebnisse der Studie sollen heute den Umweltdeputierten vorgestellt werden.

Auffällig ist vor allem die hohe Nickel-Belastung des Feinstaubs. Nickel ist Krebs erregend und allergen, in geringeren Konzentrationen kann es Kopfschmerzen und Übelkeit auslösen. Zulässig ist laut der Technischen Anleitung (TA) Luft ein „Fallout“ von im Schnitt 15 Mikrogramm pro Quadratmeter und Tag. Das ttz maß dagegen Jahresmittelwerte von über 43 Mikrogramm an der Ortstraße in Gröpelingen, mehr als 36 Mikrogramm im Gewerbegebiet am Neuen Steindamm in Burglesum sowie von gut 16 Mikrogramm auf dem Gelände der Feuerwache West an der Gotthilf-Daimler-Straße, in direkter Nachbarschaft der Stahlwerke.

Dass Arcelor zumindest mit verantwortlich für die Schadstoffbelastung der Luft ist, steht zumindest für die Grünen-Umweltdeputierte Karin Mathes außer Frage. Kein anderer Bremer Betrieb blase so viel Nickel in die Atmosphäre, sagt sie und verweist auf die EU-Emissions-Datenbank. Derzufolge emittierten die Stahlwerke im Jahr 2001 – neuere Zahlen sind noch nicht eingestellt – 172 Kilogramm des problematischen Metalls. Der Senat müsse darauf drängen, die Schadstoff-Emisionen der Stahlwerke zu reduzieren, fordert Mathes. Bei Arcelor selbst war gestern keine Stellungnahme zu erhalten.

Im Umweltressort drückt man sich, was mögliche Verursacher der Schadstoffe angeht, vorsichtiger aus. „Neben Arcelor“, so heißt es in dem Bericht an die Umweltdeputierten, suche man noch nach einer weiteren Nickelquelle – am Neuen Steindamm. Denn die hohen Messwerte dort deuteten eher auf eine punktuelle Belastung hin. Entsprechende Recherchen des Gewerbeaufsichtsamtes unter den dort angesiedelten Betrieben verliefen nach Informationen der taz allerdings ergebnislos. Wenn jemand in einer kleinen Werkstatt ohne entsprechende Filtereinrichtungen Nickel fräse, so habe man kaum Chancen, dem auf die Schliche zu kommen, erklärt ein Mitarbeiter der Behörde.

In Gröpelingen, wo die Mess-Experten im April 2005 exorbitante 581 Mikrogramm Nickel pro Quadratmeter und Tag registrierten, geht das Umweltressort inzwischen von einem Messfehler aus. Der Wert sei „unplausibel“, weil in den umliegenden Messstationen kein entsprechend hoher Wert aufgetreten sei, sagt Mitarbeiterin Andrea Schemmel, die das Messprogramm betreut hat. Rechne man diesen Monatswert heraus, liege die Belastung im Jahresmittel mit 7 Mikrogramm pro Quadratmeter und Tag – und damit wieder deutlich unter dem Grenzwert von 15.

Insbesondere wegen der hohen Nickel-Werte an der Feuerwache West – dort kommt kaum ein anderer Emittent in Betracht – seien die Stahlwerke jedoch „nicht aus dem Schneider“, sagt Schemmel. Ausweislich der Deputations-Unterlagen ist mit Arcelor bereits eine „Ausbreitungsanalyse“ vereinbart. „Zeit rausschlagen und nichts machen“, sagt Mathes dazu. Schemmel betont: Entschieden sei noch nichts. Und eine Ausbreitungsanalyse im vorliegenden Fall nicht unbedingt hilfreich.