TU-Antifa fährt schweres Geschütz auf

Professor bietet Seminar zur „Streitkräfteökonomik“ an – obwohl die Technische Universität der Rüstungsforschung abgeschworen hat. Der Mann, der auch für die rechte „Junge Freiheit“ schreibt, erregt die Gemüter linker Studierender

Ein Seminar an der Technischen Universität (TU) erhitzt zurzeit die Gemüter der Studierenden. Unter dem Titel „Verteidigungstechnologie – Streitkräfteökonomik – Geopolitik“ werden darin unter anderem militärstrategische Wirtschaftsthemen behandelt. Ob es sich bei diesem Kurs um ein normales Seminar oder um eine Form der Rüstungsforschung handelt, muss jetzt der Akademische Senat klären.

Einige Studierende erkennen in dem von Finanzwissenschaftler Markus Kerber angebotenen Seminar einen Verstoß gegen einen Beschluss des Akademischen Senats von 1991. Danach darf an der TU keine Rüstungsforschung durchgeführt werden. Hintergrund für den Beschluss war vor allem die unrühmliche Rolle der damaligen Technischen Hochschule als wissenschaftliche „Stütze der NS-Kriegsmaschinerie“ während der Zeit des Nationalsozialismus, wie es auf der Website der Universität heißt. Die Neueröffnung der Hochschule als Universität im Jahr 1946 wurde damals bewusst nicht als Wiedereröffnung, sondern als ein Neuanfang gefeiert, um deutlich zu machen, dass nicht an die nationalsozialistische Vergangenheit angeknüpft werden sollte.

„Wir stufen dieses Seminar eindeutig als Rüstungsforschung ein“, sagt Andreas Kofler von der Antifa TU. Er fordert von der Fakultät Wirtschaft und Management die Streichung des Kerber-Seminars und die Einstellung des Vertragsverhältnisses mit dem Professor.

Aber nicht nur das umstrittene Seminar ist der Antifa ein Dorn im Auge. Auch die Veröffentlichungen Kerbers in der rechten Wochenzeitung Junge Freiheit stehen in der Kritik. So schrieb Kerber in einem 2003 erschienen Artikel unter anderem, dass der im heutigen Polen geborene Schriftsteller Friedrich Dieckmann aus „Mitteldeutschland“ stamme. „Wir denken nicht, dass jemand, für den die Grenzen Deutschlands quer durch Polen verlaufen, einen Lehrstuhl an der TU Berlin oder einer anderen Universität innehaben, geschweige denn dort Rüstungsforschung betreiben sollte“, ergänzt Kofler.

Professor Kerber selbst kann die Aufregung um Seminar und seine Veröffentlichungen nicht nachvollziehen und weist die erhobenen Vorwürfe entschieden zurück. Er betreibe keineswegs Rüstungsforschung. Ganz im Gegenteil: „Militärökonomie ist ein wissenschaftliches Mittel, um Kriegssüchtigen das Gewehr aus der Hand zu schlagen“, so Kerber. Er kündigte an, gegen die Pressemitteilung der Antifa umgehend gerichtliche Schritte einzuleiten.

„Wir unterstützen die Forderungen der Antifa TU“, erklärte gestern hingegen Philip Röger, Sprecher des Allgemeinen Studierendenausschusses (Asta) der TU. Der Asta habe die Universitätsleitung bereits mit einer kleinen Anfrage im Akademischen Senat auf das problematische Seminarthema von Kerber aufmerksam gemacht. „Uns wurde versichert, dass die Rechtmäßigkeit des Seminars jetzt überprüft werde“, so Röger.

Die Universitätsleitung bemüht sich um die Klärung des Sachverhalts. „Das Seminar ist derzeit in der juristischen Prüfung“, bestätigte der Pressesprecher der TU, Thomas Kathöfer. Die Frage sei jetzt, welche Rechtsposition von größerer Bedeutung ist: „Die Selbstbindung der Universität nach dem Beschluss des akademischen Senats, nach der keine Rüstungsforschung an der TU stattfinden darf, oder der verfassungsrechtliche Schutz der freien Lehre.“ Wann das Ergebnis der Untersuchung feststeht, könne noch nicht gesagt werden. Erst dann werde es eine offizielle Stellungnahme der Universitätsleitung geben.

JOHANNES RADKE