Seehofer will mehr Gentechnik-Forschung

Bundeslandwirtschaftsminister will in dieser Woche „vernünftige Anbauregeln für Genpflanzen“ vorstellen

BERLIN taz ■ Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) kündigte am Wochenende „vernünftige Anbauregeln für Genpflanzen“ an, die er in dieser Woche vorstellen will. Es geht um die Frage, wie die herkömmliche Landwirtschaft mit den Genbauern zusammenleben kann: Weil Pollen von gentechnisch veränderten Pflanzen nicht vor des Nachbarn Acker Halt machen, befürchten die herkömmlichen Bauern, „verseucht“ zu werden.

„Wir wollen keinen Krieg auf den Feldern und in den Dörfern“, erklärte Landwirtschaftsminister Seehofer. Bei der grünen Gentechnik gehe es sowieso nur um Mais. „Der Anbau von Genraps ist objektiv nicht möglich, weil der sich fast mit jeder Wildpflanze kreuzt“, so Seehofer.

Gleichzeitig ist er jedoch überzeugt: „Deutschland braucht Forschung und ihre Anwendung im Freiland“. Allerdings macht dem Minister ausgerechnet die Industrie einen Strich durch die Rechnung: „Wenn sich die Wirtschaft nicht an den Ausgleichszahlungen für mögliche Risiken beteiligt, ist das für die Bevölkerung ein verheerendes Signal“. Diese Gelder sollen für jene Landwirte bereitstehen, deren Felder durch gentechnisch veränderte Pflanzen verunreinigt werden. Weigert sich die Industrie weiter, in den Fonds einzuzahlen, sei das „ein Rückschlag für die Anwendung der grünen Gentechnik“. Der Minister betonte: „Die Regierung wird den Fonds nicht mit Steuermitteln finanzieren.“ In dieser Woche will er mit der Industrie nach einer Lösung suchen.

Der österreichische Landwirtschaftsminister und EU-Ratspräsident Josef Pröll glaubt hingegen nicht, dass die angewandte Gentechnik in Europa eine „Erfolgsstory wie in Übersee“ werden könne. Er stellte am Wochenende fest: „Es gibt zu viele in der Gesellschaft, bei den Konsumenten und im bäuerlichen Bereich, die Gentechnik nicht wollen.“

Das zeigt sich auch in der Nähe des hessischen Gießen; dort sorgt gentechnisch veränderte Gerste für Furore: Vor zehn Tagen waren sechs Gentechnikgegner beim Versuch festgenommen worden, das Feld zu zerstören. Seitdem wird das Versuchsfeld rund um die Uhr polizeilich bewacht.

Die Gerste hatten Forscher des Instituts für Phytopathologie der Gießener Universität gepflanzt – 9,6 Quadratmeter mit 5.000 gentechnisch veränderten Pflanzen. Es ist in Deutschland das erste Mal, dass so genannte transgene Gerste im Freiland wächst. Institutsleiter Karl-Heinz Kogel erklärt: „Der Versuchsanbau ist Teil der Biosicherheitsforschung“. Mitte August sollen die Pflanzen ausgegraben und ihre Wurzeln untersucht werden. Falls sie so lange stehen: Die Proteste reißen nicht ab. NICK REIMER