Röwekamp anti-amerikanisch?

Bremens Innensenator, der sich vor zwei Jahren noch als Hardliner im Fall Kurnaz profilierte und ihm für den Fall des Falles die Einreise verweigern wollte, findet dessen Haft nun völkerrechtswidrig

von Klaus Wolschner

Auf die Nachfrage eines Journalisten hat Bremens Innensenator Thomas Röwekamp (CDU) gestern erklärt, die andauernde Inhaftierung des so genannten Bremer Taliban Murat Kurnaz im US-Gefangenenlager Guantánamo sei „in keiner Weise mit dem Völkerrecht zu vereinbaren“. Die US-Regierung müsse Kurnaz frei lassen, forderte er – zwei Tage nach dem Selbstmord von drei Inhaftierten. In Deutschland lägen keine Anhaltspunkte für terroristische Aktivitäten Kurnaz’ vor. Daher müsse der „völlig inakzeptable Zustand“ der Gefangenschaft ohne rechtsstaatliches Verfahren beendet werden.

Noch vor knapp anderthalb Jahren hatte derselbe Röwekamp erklärt, dass Kurnaz im Falle seiner Freilassung nicht wieder nach Bremen werde einreisen dürfen, weil er es – während der Einsperrung in Guantánamo! – versäumt habe, seine Aufenthaltsgenehmigung zu verlängern. Murat Kurnaz, gebürtiger Bremer mit türkischem Pass, war im Herbst 2001 nach Pakistan gereist und dort verhaftet worden. Seit Anfang 2002 wird er wegen angeblicher terroristischer Kontakte ohne Anklage in Guantánamo Bay festgehalten. „Hätte Murat Kurnaz während einer Vernehmung sagen sollen: Kleinen Moment mal, ich muss noch eben bei der Bremer Ausländerbehörde anrufen, meine Aufenthaltserlaubnis verlängern?“, fragte Anwalt Docke damals ironisch. Röwekamps Sprecher erwiderte, Kurnaz hätte die Genehmigung bereits vor seinem Abflug nach Pakistan im Herbst 2001 vorsorglich verlängern lassen sollen – „schließlich war das kein Pauschalurlaub“. Docke warf dem Innensenator damals vor, mit dieser Argumentation würde er „Guantánamo ins deutsche Recht verlängern“. Nicht einmal die Generalbundesanwaltschaft würde bei Kurnaz Kontakte zu islamistischen Terroristen sehen.

„Seitdem bekannt ist, dass Murat Kurnaz unter rechtswidrigen Bedingungen festgehalten wird, hat sich nur ein Mitglied der Bremer Regierung verhalten“, empörte sich vergangenes Jahr auch amnesty international (ai) – „das war Innensenator Röwekamp mit der Äußerung, dass Kurnaz keine Aufenthaltserlaubnis mehr bekommen soll“. Die Stimmung in der Bremer CDU zeigt auch ein Ausspruch des innenpolitischen Sprechers Rolf Herderhorst zur Begründung des Einreiseverbotes: „Wenn Kurnaz freigelassen wird, ist das ja noch kein Beweis seiner Unschuld.“

Bekanntlich hat Röwekamp mit seiner Rechtsauffassung vor dem Bremer Verwaltungsgericht im Dezember 2005 kein Recht bekommen. Wenige Tage nach dem Urteil wollten die Grünen den Senat per Bürgerschaftsbeschluss auffordern, sich für Kurnaz einzusetzen und das Urteil zu akzeptieren. Der Antrag wurde abgelehnt – mit der Mehrheit der Stimmen von CDU und SPD.