NACH DEM WERBEVERBOT: DIE MEDIENBRANCHE HAT ANGST – ZU RECHT
: Der letzte Atemzug des Marlboro-Manns

Wie bringt man ein Produkt unter die Leute, das die Hälfte seiner Nutzer umbringt oder krank macht? Wie verpackt man das Japsen beim Treppensteigen und den morgendlichen Auswurf als Freiheit und Abenteuer? Wie verkauft man Lungenkrebs, Sucht und gelbe Stinkefinger als „Celebration of life“? Fragen Sie den Marlboro-Cowboy und – die älteren unserer Leserschaft – das HB-Männchen.

Aber schnell! Denn das Tabakwerbeverbot kommt. Die deutschen Bremser haben vom Europäischen Gerichtshof eine ordentliche Klatsche bekommen. Seit ewig versucht die Bundesrepublik mit dubiosen Argumenten das Werbeverbot zu verhindern. Es ging in Wahrheit nie darum, ob die EU mit ihrer Tabak-Werberichtlinie ihre Kompetenz überzogen hat, sondern schlicht darum, dass die von der Tabakindustrie angeschobene Bundesregierung alles vermeiden wollte, was den Konzernen schadet. Und das Werbeverbot ist tatsächlich ein kleiner Killer für die Kippenbranche.

Leider gibt es keine Studie, die zwei Gruppen vergleicht, die mit und ohne Tabakwerbung aufgewachsen sind, um so die Wirkung der Werbung nachzuweisen. Die Tabakindustrie behauptet, dass ihre Anzeigen nur ein Kampf um Marktanteile zwischen verschiedenen Marken seien und dass Werbung keine Raucher produziere. Eine peinliche Ausrede, denn viele Studien belegen den Zusammenhang zwischen den Ausgaben für Tabakwerbung und dem Ausmaß des Tabakkonsums. In Norwegen, wo die Tabakwerbung 1975 verboten wurde, sank die Zahl der Raucher um neun Prozent, in Finnland seit 1977 um sieben, in Neuseeland seit 1990 um siebeneinhalb Prozent. Nicht der große Durchbruch, aber ein signifikanter Rückgang.

Jaulen werden jetzt auch Zeitschriftenverlage und Kinos. Zu Recht befürchten sie „Weiterungen“. Denn auch bei hartem Alkohol oder süß-fettigen XXL-Schokoriegeln gilt: Reklame schadet Ihrer Gesundheit. Mit dem Tabakwerbeverbot wird nun jedenfalls eine Selbstverständlichkeit exekutiert: Ein Produkt, das jährlich weltweit vier Millionen Menschen umbringt, muss nicht auch noch aggressiv beworben werden. MANFRED KRIENER