Die Sparkasse als Opfergabe

Der Bund hat der EU-Kommission einen Deal beim Verkauf der Bankgesellschaft angeboten: Die Berliner Sparkasse könnte privatisiert werden – wenn alle anderen Sparkassen geschützt bleiben

VON RICHARD ROTHER

Im Streit um den öffentlich-rechtlichen Banksektor in Deutschland bietet der Bund offenbar der EU-Kommission die Berliner Sparkasse als Dreingabe an. In einem Schreiben an die Kommission gibt die Bundesregierung in diesem Fall ihren Widerstand gegen die Übernahme des Namens „Sparkasse“ durch eine private Bank auf. Im Gegenzug fordert die Regierung von der Europäischen Union, für alle anderen deutschen Sparkassen die gesetzliche Vorschrift zu akzeptieren, dass nur öffentlich-rechtliche Kreditinstitute den Namen tragen dürfen, der in Deutschland eine weithin bekannte und akzeptierte Marke ist. Diese Sonderregelung für Berlin könnte den Verkauf der Bankgesellschaft, des Mutterkonzerns der Sparkasse, vereinfachen. Die EU hatte die Genehmigung für die öffentlichen Beihilfen an die Bankgesellschaft an die Auflage geknüpft, die mehrheitlich landeseigene Bank bis 2007 zu veräußern.

Im Jahr 2001 war die Bankgesellschaft an den Rand des Ruins geraten, weil sie vor allem ihre riskanten Immobilienfondsgeschäfte nicht mehr in den Griff bekam. Um das Finanzunternehmen zu retten, sprang das Land Berlin mit Milliardenhilfen bei.

Die EU-Kommission reagierte gestern umgehend auf den Vorschlag der Bundesregierung. Die Behörde sei ebenso an einem Kompromiss interessiert, der ein rechtliches Vorgehen gegen die Bundesrepublik Deutschland überflüssig mache, sagte der Sprecher vom EU-Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy. „Es ist aber entscheidend, dass EU-Recht respektiert wird.“ Der Sprecher bestätigte den Eingang neuer Vorschläge. Ursprünglich hatte die EU der Bundesregierung mit einem Vertragsverletzungsverfahren gedroht, falls sie sich nicht an EU-Recht hält.

Für die Berliner Landespolitik dürfte das Einlenken der Bundesregierung einen Gewinn bedeuten. Denn die skandalgeschüttelte Bankgesellschaft lässt sich leichter und vor allem teurer verkaufen, wenn nicht nur öffentlich-rechtliche Banken, sondern auch private mitbieten dürfen – auch wenn die Berliner Sparkasse indirekt Teil des Geschäfts ist. Entsprechend mehr Geld kann das haushaltsklamme Land Berlin erwarten. Mehrere Milliarden Euro könnten dabei durchaus herausspringen.

Um die Sparkasse zwar indirekt verkaufen, gleichzeitig aber mit ihrem öffentlich-rechtlichen Aufgabenspektrum erhalten zu können, hat das Abgeordnetenhaus bereits im vergangen Jahr ein kompliziertes neues Sparkassengesetz beschlossen. Demnach bleibt die Berliner Sparkasse ein öffentlich-rechtliches Institut, befindet sich aber unter dem Dach ein Aktiengesellschaft, die auch veräußert werden kann. So sollen auch künftig Sparkassenaufgaben erfüllt werden können – etwa die Vergabe von Girokonten an Geringverdienende oder die Gewährung von Krediten an kleine und mittlere Firmen in der Region. Die Berliner Sparkasse soll als so genannte teilrechtsfähige Anstalt über kein von der Landesbank getrenntes Vermögen verfügen, aber im eigenen Namen auch weiterhin Bankgeschäfte abwickeln dürfen.