kreative wirtschaft
: 11 Prozent der Gesamtwirtschaft

Zu den „Creative Industries“ werden alle gerechnet, die im weitesten Sinne kreativ arbeiten. Sowohl der Buch- und Pressemarkt gehört dazu als auch Mitarbeiter und Freischaffende aus Film, Fernsehen und der Musikwirtschaft. Auch Maler, Werber und Softwareentwickler zählen zu den Creative Industries.

Der Begriff wurde erstmals in den deindustrialisierten Städten Großbritanniens verwendet. Die Regierung von Premierminister Tony Blair erkannte in den Branchen der Kulturwirtschaft Zukunftsbranchen und entwickelte entsprechende Förderkonzepte. Erfahrungen hat vor allem auch die Stadt Wien gesammelt, die im Februar 2004 eine umfangreiche „Untersuchung des ökonomischen Potenzials der ‚Creative Industries‘ in Wien“ vorlegte.

Kritisiert wird, dass der Begriff zu weit gefasst ist. Es bleibt unklar, wer kreativ ist und wer nicht. Leisten Softwareentwickler tatsächlich eine ähnliche Arbeit wie Bildhauer? Bemängelt wird zudem, dass sämtliche Studien über die „Creative Industries“ sowohl Zulieferindustrien als auch den Verkauf der Produkte dem Kreativbusiness zuschlagen werden. Auch „klassische Industrien“ wie der Buchdruck oder die Herstellung von CD-Rohlingen tauchen plötzlich in den Statistiken der Kreativökonomie auf.

Laut der Studie „Kulturwirtschaft in Berlin“ gab es im Jahr 2005 rund 18.000 Unternehmen, die den „Creative Industries“ zugerechnet werden. Sie erwirtschafteten 11 Prozent des Berliner Bruttoinlandsproduktes. Das entspricht etwa dem gleichen Anteil des verarbeitenden Gewerbes (ohne Baugewerbe). Allerdings sagt diese Zahl nur wenig über die wachsende Bedeutung der „Creative Industries“ aus, sondern erzählt eher vom Niedergang der anderen, klassischen Wirtschaftszweige.

Typisch für die Firmen und Betriebe der „Creative Industries“ ist ihre kleinteilige Unternehmensstruktur. Das trifft vor allem auf die Musikwirtschaft zu, aber auch auf Verlage, Architekturbüros und Designerfirmen. So arbeiten zum Beispiel im Designbereich die Hälfte der Unternehmen bloß mit ein bis zwei Beschäftigten. Diese Zahl wurde für Wien erhoben – sie dürfte aber in Berlin ähnlich sein.

Wie hoch das durchschnittliche Einkommen in den „Creative Industries“ insgesamt ist, lässt sich nur schwer beziffern. Offizielle Zahlen für Berlin gibt es nicht. Der Deutsche Kulturrat nennt die Einkommensentwicklung bei den Künstlern in der gesamten Bundesrepublik „alarmierend“. Künstler verdienten demnach in diesem Jahr nur noch durchschnittlich 823,25 Euro im Monat.

Der Senat hat bereits Initiativen gestartet, die „Creative Industries“ stärker in die Wirtschaftsförderung einzubeziehen. So brachte er zum Beispiel einen „Round Table“ für Berliner Design auf den Weg, aus dem später das Designnetzwerk „Create Berlin“ hervorging. Ziel ist ein Austausch über professionelles Wirtschaften – auch Künstler müssen Businesspläne verfassen können.

Von dieser durchaus erfolgreichen Initiative profitieren bisher nur die Wenigsten. Die Grünen haben vor kurzem einen Antrag im Abgeordnetenhaus gestellt und nach dem Vorbild Wiens die Einrichtung eines „Kreativfonds“ gefordert. Außerdem wollen sie die Treuhandliegenschaftsgesellschaft verpflichten, einen Teil ihrer Bestände für Atelierhäuser zur Verfügung zu stellen. TINA VEIHELMANN