UN-Helfer im Kongo unter Mordverdacht

Gemeinsam mit der Regierungsarmee sollen UN-Truppen ein Dorf im Distrikt Ituri dem Erdboden gleichgemacht haben

BERLIN taz ■ UN-Truppen in der Demokratischen Republik Kongo sollen Kriegsverbrechen begangen haben. Diesen Vorwurf erhebt der britische Fernsehsender Channel Four in einer Dokumentation, die am kommenden Freitag ausgestrahlt werden soll. Geschildert wird ein Vorfall von Ende April, als Blauhelmsoldaten aus Südafrika und Pakistan im nordostkongolesischen Distrikt Ituri gegen Milizenkämpfer der „Revolutionären Kongolesischen Bewegung“ (MRC) vorgingen. Dabei, so der Bericht, sei das Dorf Kazana bei einer gemeinsamen Offensive von UNO und kongolesischer Regierungsarmee „komplett zerstört“ worden.

Das Fernsehteam zusammen mit dem britischen Journalisten Aidan Hartley war eigenen Angaben nach dabei, als Regierungstruppen das Dorf Kazana als vermutete Hochburg von Rebellen des Lendu-Volkes sieben Stunden lang bombardierten und dann in betrunkenem Zustand einrückten. Als UN-Einheiten nachrücken wollten, seien sie von Milizionären beschossen worden, woraufhin UN-Artillerie in Aktion getreten sei. Diese habe Zivilisten getroffen, darunter Frauen und Kinder sowie Regierungstruppen, woraufhin diese das Dorf niedergebrannt hätten. „Während die Blauhelme dastanden und zuschauten, zündete die kongolesische Armee die Häuser an“, schreibt Hartley in einem Vorabbericht in der britischen Sonntagszeitung Observer. Zahlreiche Menschen seien dabei ums Leben gekommen.

Die UNO in New York kündigte eine Untersuchung an, und Monuc-Verantwortliche im Kongo äußerten sich den britischen Journalisten gegenüber „entsetzt“. Offiziell hatte es nach dem Militärschlag in Kazana und dem Nachbardorf Sagi Ende April geheißen, Armee und UNO hätten 34 Milizionäre der MRC getötet.

Intern wird bei der UN-Mission im Kongo (Monuc) schon längst das Konzept, in den Kriegsregionen des Ostkongo gemeinsam mit der Regierungsarmee gegen lokale Milizen vorzugehen, als kontraproduktiv kritisiert. Die Regierungsarmee begeht ständig Kriegsverbrechen und treibt die Zivilbevölkerung in die Arme der Milizen. Daran liegt es, dass in Ituri, wo mehr UN-Blauhelme und Regierungstruppen stehen als irgendwo sonst im Kongo, die Zahl von Kriegsvertriebenen am schnellsten steigt und bewaffnete Gruppen am meisten Zulauf erhalten. Während lokale UN-Verantwortliche diese Zusammenhänge inzwischen kennen und beklagen, wird offiziell die UN-Strategie im Ostkongo als Erfolg bezeichnet.

DOMINIC JOHNSON