Die Nato in Afrika – im Eigeninteresse
: KOMMENTAR VON DOMINIC JOHNSON

Eingreiftruppen in Afrika sind wieder in Mode. Große Blauhelmmissionen der UNO in Liberia, Kongo und Sudan; eine EU-Streitmacht im Kongo; französische Kampftruppen in der Elfenbeinküste – fremdes Militär ist überall auf dem Kontinent unverzichtbarer Bestandteil des Versuchs, Frieden zu schaffen. Europäisches Militär übernimmt allmählich die Abriegelung der afrikanischen Außengrenzen. Und auch die im Aufbau befindliche schnelle Eingreiftruppe der Nato (Nato Response Force) wird auf Afrika zugeschnitten. 7.000 Nato-Soldaten üben auf den Kapverden, wie man einen afrikanischen Rohstoffkrieg beenden könnte. Und beim Nato-Hauptquartier in Brüssel kommt das Zukunftsthema Energiesicherung ins Gespräch.

Deutschland steht dabei an vorderster Front. Konzeptionell ist der Umbau der Bundeswehr zur weltweiten Interventionsarmee längst im Gange, und es gibt auch bereits die politischen Strategien, mit denen die Sicherung von Rohstoffinteressen und Handelswegen zu Zielen militärischen Handels erklärt werden können. Bei der Kongomission der EU hält Deutschland sogar das Kommando. Zur „Nato Response Force“ wird Berlin ebenfalls einen wesentlichen Beitrag leisten.

Aber wo in Deutschland findet die öffentliche Diskussion darüber statt? Welche Art von militärischem Eingreifen ist unter welchen Umständen und zu welchem Zweck geboten – oder eben auch nicht? Die breite Debatte über den Kongo-Einsatz hat solche Fragen zwar aufgeworfen, sie aber nicht beantwortet. Bis zum ersten Nato-Einsatz in Afrika wäre dazu eigentlich noch Zeit.

Aber was ist, wenn der EU-Einsatz im Kongo sich als riskanter erweist als gedacht und die Nato früher als erwartet ins sudanesische Darfur gerufen wird? Dann wird es nur noch um die Frage gehen: Welche unserer Interessen sind es wert, das Leben unserer Jungs auf Afrikas Schlachtfeldern aufs Spiel zu setzen? Politisch durchsetzbar werden dann nur rein egoistisch begründete Einsätze – etwa zur Abwehr von Flüchtlingsströmen oder zur Sicherung von Ölquellen. Dann wird die Entsendung der Interventionstruppen wirklich das, wofür skeptische Afrikaner sie ohnehin halten: Neokolonialismus.

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