der bundestag im delirium
: Steh auf, wenn du für Merkel bist

Der FC Deutschland tagt:Die verwirrendsten Fußball-Metaphern aus der gestrigen Bundestagsdebatte

Deutschland im Achtelfinale, die ganze Republik im Rausch – da drehen natürlich auch die Politiker durch. Das ist jetzt eine Frage der Ehre, ach was, der Vaterlandspflicht. Die sonst so müde Haushaltsdebatte im Bundestag war gestern eine, wie würde Kerner sagen?, putzmuntere Angelegenheit. Fußball- und Klinsmannmetaphern ohne Ende schwirrten durch den Plenarsaal, und es störte die Abgeordneten nicht im Geringsten, dass ein Wortspiel tiefer als das andere flog. Die WM-taz sieht ihre vaterländische Pflicht darin, die wichtigsten fußballtheoretischen Aussagen der Politiker zu dokumentieren.

FDP-Fraktionsvize Rainer Brüderle legte vor:

„Der neue Fahnenpatriotismus ist die größte Demonstration gegen die große Koalition. Er beweist: Schwarz-Rot reicht nicht. Da fehlt was. Da fehlt die gelbe Kraft der Vernunft, die Farbe der Liberalen.“

Welche Vernunft? Bundeskanzlerin Merkel ging auf diese Frage aus lauter Höflichkeit nicht weiter ein, aber auch sie stellte ihren fußballerischen Sachverstand eindrucksvoll unter Beweis.

„Wir haben 32 Mannschaften zu Gast, die ihr Bestes geben, darunter eine deutsche, auf die wir stolz sein können.“

Stolz auf Klinsmann? So weit kommt es noch, dachte sich Gregor Gysi, Fraktionschef der Linken, und zog eine interessante Parallele zwischen Angela Merkel und sich selbst.

„Unser gemeinsamer Leistungsanteil an den Erfolgen der deutschen Nationalmannschaft ist gleich null.“

Endlich mal ein wahrer Satz. Die notwendige Verwirrung brachte die grüne Fraktionschefin Renate Künast zurück.

„Wir haben nicht mittrainiert, und wir Abgeordnete haben auch nicht mitgespielt.“

Und wer, bitte schön, schoss das 3:0 gegen Ecuador? Aber es blieb keine Zeit zum Nachdenken. Olaf Scholz war dran, der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion.

„Die Fußballhymne ‚You Will Never Walk Alone‘ könnte auch die Überschrift des SPD-Grundsatzprogramms sein.“

Hä?

Volker Kauder, Fraktionschef der Union, interpretierte daraufhin ein anderes Stadionlied.

„Steh auf, wenn du ein Deutscher bist, und nimm die Sache in die Hand.“

Ganz am Ende Westerwelle, ausnahmsweise still und leise.

„Meine begrenzten Fußballkenntnisse verbieten mir Vergleiche mit der Politik.“

Wann durfte man das schon mal sagen: Danke, Guido. Danke!

JENS KÖNIG