Heimatklänge haben ausgespielt

Die Fußball-WM ist nicht für alle ein gutes Geschäft: Das Heimatklänge-Festival muss seine Konzerte absagen. Das Konzept, Fußball mit Kultur zu verbinden, schlug fehl. Auch Gastwirte stöhnen

von SEBASTIAN LEHMANN

Der harte Konkurrenzkampf unter den so genannten Public-Viewing-Orten zur Fußball-WM hat ein erstes Opfer gefordert: Beim „Heimatklänge World Club“ auf dem Kulturforum finden ab sofort keine Konzerte mehr statt. Einzig die Fußballspiele werden noch übertragen. Weniger als im Schnitt 750 Besucher täglich wollten Weltmusik kombiniert mit Fußballübertragung sehen. „Wir hatten mit 1.500 Gästen gerechnet“, sagte Anna Pötzsch von Piranha Events, die das Heimatklänge-Festival veranstalten.

Der Grund für die Pleite sei ihrer Meinung nach das Überangebot an Kultur während der WM. Kulturinteressierte verteilten „sich gleichmäßig über die ganze Stadt“, sagt Pötzsch. Fußballfans ziehe es dagegen eher zur nahe gelegenen Fanmeile, um dort mit Gleichgesinnten zu feiern. Geplant hatten die „Heimatklänge“-Organisatoren Konzerte an allen 25 Spieltagen, meist spielten zur Live-Übertragung Musiker aus den Herkunftsländern der Mannschaften. Nach 14 Tagen ist jedoch klar: Selbst die Absage der Konzerte – Gage inbegriffen – lohnt sich mehr, als weiterzumachen.

Auch andere Orte, die Live-Musik mit Übertragungen der Fußball-WM kombinieren, ziehen deutlich weniger Besucher an als erwartet. „Es läuft so weit gut“, formuliert es Gudrun Herz von Festival „Pop Kick“ vorsichtig. Zu den Veranstaltungen im Treptower Park kämen meist weit weniger als die 25.000 Besucher, die Platz hätten. Bei Top-Acts sei das Parkgelände recht voll, im Schnitt zähle sie aber kaum 7.000 Zuschauer pro Tag.

Auch im „Polar Park“ am neuen Hauptbahnhof ist deutlich weniger los als von den Organisatoren erhofft. Erwartet hatte man dort bis zu 800 Gäste, die sich rund um die Uhr bei elektronischer Musik entweder die Spiele anschauen können oder Party machen. Gekommen seien aber bisher nur die Hälfte, so Nina Maas vom „Polar Park“.

Ein Grund dafür dürfte die Fanmeile am Brandenburger Tor sein, wo sich bisher bis zu 700.000 Fußballfans getummelt haben. Als „nicht gerade berauschend für die Gastronomie“, bezeichnet sie Klaus-Dieter Richter, Vizepräsident des Hotel- und Gaststättenverbands Berlin. Viele Betreiber von Gaststätten hätten viel Geld in Leinwände und Übertragungsrechte investiert; das zahle sich jetzt aber nur teilweise aus, weil es die Fans oft auf den 17. Juni ziehe. Besonders am Rand der Stadt seien die Gaststätten leer.

Der „Fußball Dome“ in Marzahn ist so ein Opfer der Randlage. Nach wenigen Tagen schloss der Public Viewing Point, ausgelegt für täglich 4.000 Zuschauer, seine Tore – wegen „Unterfinanzierung“, wie es auf der Homepage heißt. Mit Konzerten, Party und Volksfestatmosphäre hatte der Dome im Osten Berlins ein ähnliches Konzept wie die Fanmeile.

Nicht alle glauben jedoch an die negativen Auswirkungen der Fanmeile. „Wir haben ein anderes Zielpublikum“, sagt Gudrun Herz vom „Pop Kick“-Festival. Sie hofft jetzt auf Familien mit Kindern, die Entspannung dem Trubel auf der Fanmeile vorziehen. Auch Nina Maas vom Polar Park will trotz der Konkurrenz nicht aufgeben: „Wir machen auf jeden Fall weiter.“

Wie es indessen nach dem WM-Debakel für „Heimatklänge“ weitergeht, ist noch unklar. „Finanziell sieht es schwierig aus“, sagt Anna Pötzsch. Jetzt werde beraten, wie das Konzept, bekannte Bands aus anderen Ländern dem Berliner Publikum vorzustellen, gerettet werden könne.