Autowerker legen EU-weit Produktion lahm

Bei Opel und Saab bangen die Mitarbeiter um ihren Job, weil der US-Mutterkonzern General Motors sparen will

STOCKHOLM taz ■ Mehrere Stunden standen gestern in der Bochumer Opel-Fabrik die Bänder still. Die Mitarbeiter fürchten, der US-Mutterkonzern General Motors (GM) könne ihre Stellen streichen. Damit hat eine europaweite Protestwelle der Gewerkschaften Deutschland erreicht. Sie sehen bis 2014 in Europa rund 30.000 Jobs bei GM und seinen Zulieferern bedroht.

Bereits am Montag hatten tausende Saab-Arbeiter vier Stunden die Produktion in schwedischen Fabriken lahm gelegt. Und in der Opel-Fabrik im belgischen Antwerpen hatte kurz zuvor die Nachtschicht gestreikt. Die Gewerkschaften wollen den Konzern zu Verhandlungen über die Zukunft der westeuropäischen Produktionsstätten zwingen. Dabei wollen sie sich nicht gegeneinander ausspielen lassen – wie vor einem Jahr.

Damals hatte General Motors laut darüber nachgedacht, wo das Mittelklassemodell produziert werden soll: bei Opel in Rüsselsheim oder bei Saab im schwedischen Trollhättan. Rüsselsheim bekam den Zuschlag, weil die deutschen Gewerkschaften die größten Zugeständnisse machten. Der größte Gewinner aber war GM: Im Laufe der Verhandlungen hatten sich beide Standorte auf Abstriche bei Arbeitsbedingungen eingelassen. Vor zwei Monaten rief GM eine neue „Schönheitskonkurrenz“ aus, diesmal zwischen Bochum, Antwerpen, Gliwice, dem britischen Ellesmere Port und wiederum Saab in Trollhättan. Die fünf Fabriken sollen ein Angebot machen, um sich für den Bau des nächsten Astra-Modells zu qualifizieren.

Die Gewerkschafter fürchten, dass sich die Arbeitnehmerrechte durch den Wettbewerb der Standorte verschlechtern. Darum einigten sie sich darauf, vom US-Mutterkonzern in Detroit zunächst eine Bestands- und Arbeitsplatzgarantie für die Produktionsstandorte zu verlangen. „Gemeinsam unbesiegbar“ stand gestern auf vielen Transparenten in Bochum. „Wenn GM nicht zur Einsicht kommt, sind diese Proteste erst der Anfang“, meint der Saab-Betriebsratsvorsitzende, Paul Åkerlund. Detroit verweigert bisher die gemeinsamen Verhandlungen. Der Konzern verlängerte nur die Frist für den ausgerufenen Wettbewerb vom 1. Juli auf den 1. September. Trotz dieser Achtungserfolge der Gewerkschaften macht sich Pessimismus bei den GM-Mitarbeitern breit. Nur eine verschwindende Minderheit der Saab-Mitarbeiter in Trollhättan glaubt, so eine Umfrage, dass es nach 2012 noch eine GM-Produktion in Schweden geben wird. In Nordamerika haben sich schon 35.000 GM-Mitarbeiter für Abfindungen und Vorruhestand entschieden. GM baut Stellen ab und verlagert sie in Billiglohnländer. Erst vor einigen Tagen unterzeichnete der Vorstand Verträge für eine GM-Fabrik im russischen St. Petersburg. Ford, Renault, VW, Toyota und Nissan haben dort längst Werkstätten.

Die Autobranche kämpft weltweit mit Überkapazitäten. Bei GM ist die Misere wegen einer verfehlten Modellpolitik aber auch hausgemacht: Seit Februar baut der Konzert in Trollhättan einen Cadillac für den europäischen Markt – und musste die Produktion schon wieder drosseln, weil Käufer fehlen. Detlef Wetzel von der IG Metall in NRW: „Kein Job an keinem Standort ist vor den Fehlern dieses Managements sicher.“ REINHARD WOLFF

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