Tausende gegen Studiengebühren

Bundesweite Demonstrationen gegen bezahltes Studium in Hamburg und Wiesbaden

WIESBADEN taz/afp ■ In Hamburg und Wiesbaden haben gestern über 10.000 Studenten gegen die Einführung von Studiengebühren protestiert. In der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden kamen laut Polizei rund 7.000 DemonstrantInnen zusammen. In Hamburg nahmen nach Polizeiangaben rund 3.500 Menschen an einem Demonstrationszug teil. Beide Demonstrationen verliefen weitgehend friedlich.

In Hamburg musste allerdings ein Demonstrant ins Krankenhaus eingeliefert werden, nachdem er von Einsatzkräften mit einem Knüppel geschlagen wurde, wie die Veranstalter mitteilten. Polizeisprecher Ralf Meyer sagte, der Verletzte habe zuvor eine Beamtin beleidigt und ihr in den Unterleib getreten. In beiden Städten begleitete ein großes Polizeiaufgebot die Kundgebungen.

Die beiden CDU-geführten Landesregierungen wollen im kommenden Jahr Gebühren in Höhe von 500 Euro je Semester einführen. In Hessen unterstützten SPD und Grüne die Proteste. Auch das Deutsche Studentenwerk (DSW) kritisierte die Einführung von Studiengebühren scharf. Diese seien „Gift für die Chancengleichheit im deutschen Hochschulsystem“, erklärte DSW-Vizepräsident Hans Lilie. Sie könnten besonders für junge Menschen aus einkommensschwächeren und Mittelstandsfamilien abschreckend wirken. Lilie bezeichnete die Gebühren zudem als „ökonomisch widersinnig“. Sie erschwerten den Zugang zu höherer Bildung und seien damit das ausgesprochene Gegenteil dessen, was Deutschland brauche.

Die hessischen Studierenden waren in den vergangenen Wochen durch ihre spektakulären Aktionen gegen Studiengebühren aufgefallen. Für die gestrige „Süddemo“ hatten sie dagegen ausdrücklich versprochen, friedlich zu demonstrieren.

„Heute ist kein Krieg“, sagte Amin Benaissa von der Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) auf dem Weg zu der Demo in der Wiesbadener Innenstadt. Daran, dass die Demonstranten dieses Mal auf das Blockieren von Autobahnen verzichten würden, glaubte die Polizei offensichtlich nicht. Die Beamten sperrten am Bahnhof demonstrativ den Zugang zu den Gleisen.

„Die Polizei will die ganz normalen Studierenden einschüchtern“, sagte Aktivist Benaissa gestern zu dem großen Polizeiaufgebot. „Wir lassen uns nicht das Recht nehmen, zu demonstrieren.“

Als wahrscheinlich galt bei Redaktionsschluss, dass es am Abend zu Ausschreitungen nicht in Wiesbaden, sondern in Frankfurt am Main kommen könnte. Dort sollte nach den Protesten eine Party stattfinden. In der vergangenen Woche hatte die Polizei ein solches Fest gestürmt und dabei 50 Studierende festgenommen. Es sollen zuvor Müllcontainer angesteckt worden und Fensterscheiben zu Bruch gegangen sein.

SASCHA TEGTMEIER