Kein Fernseher im Teenie-Zimmer

Studie: Glotze im Kinderzimmer schadet den Schulnoten. Jungs besonders betroffen

BERLIN taz ■ In Gebieten, in denen Kinder und Jugendliche bei den Pisa-Tests schlecht abschnitten, steht beim Nachwuchs besonders häufig ein Fernseher, ein Computer oder eine Playstation im Kinderzimmer. Dabei gibt es ein Nord-Süd- und ein Ost-West-Gefälle. In Thüringen hatten 50 Prozent der befragten Zehnjährigen ein TV-Gerät im Kinderzimmer, in München aber nur 22 Prozent, so das Ergebnis einer Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen.

„Die Mediennutzung verstärkt die sozialen Unterschiede“, sagte der Leiter des Forschungsinstituts, Christian Pfeiffer, der die Erhebung gestern in Erfurt vorstellte.

So verbrachten die Viertklässler im wirtschaftlich schwachen Thüringen täglich rund 2 Stunden und 21 Minuten vor dem Fernseher, dem Computer oder der Playstation. In Dortmund waren dies 2 Stunden 34 Minuten, im ökonomisch stärkeren München hingegen kamen die Kinder nur auf anderthalb Stunden täglichen Medienkonsum. Jungs hingen im Schnitt erheblich länger vor dem Bildschirm als Mädchen. 15-jährige Jungs in Thüringen verbringen im Schnitt rund vier Stunden täglich vor dem Schirm. „Das Leistungsgefälle zwischen Jungs und Mädchen wird durch Fernsehen und Computer noch verstärkt“, sagt Pfeiffer.

Besonders im Osten und besonders in Migrantenfamilien sitzen die Kinder häufig vor den Geräten. Dabei besitzen interessanterweise wohlhabende Familien weniger, nicht mehr Fernsehgeräte. Je mehr Zeit die befragten Kinder aber vor dem Fernseher oder der Spielkonsole verbringen, desto schlechter sind die Schulleistungen, ergab die Studie. Kinder der vierten Klasse mit eigenem Fernseher im Zimmer hatten deutlich schlechtere Schulnoten in den Fächern Deutsch, Mathematik und Sachkunde. Auch wer sich an gewalthaltigen Spielen beteiligte, zeigte schlechtere Leistungen in den Kernfächern.

Hängen aber nun nicht gerade Kinder viel vor dem Fernseher, die aus Familien mit wenig Bildungshintergrund kommen, und ist es nicht dieses Umfeld, das zu den schlechteren Noten führt? Laut der Studie gebe es jenseits der Schichtzugehörigkeit jedoch einen „eigenständigen Effekt des Medienkonsums“. Von den 15-jährigen Thüringer Regelschülern, deren Eltern in geregelten Verhältnissen lebten, und die sich häufig Horrorfilme ansahen, waren 32 Prozent gewalttätig, von denen, die sich solche Filme nicht anschauten, hingegen nur 7,5 Prozent. Dies könnte aber auch bedeuten, dass ohnehin gewaltbereite Jugendliche eher Horrorfilme konsumieren.

In einer früheren Erhebung des Forschungsinstituts hatten die Experten festgestellt, das der Effekt des Konsums von „verbotenen“, also altersindizierten Spielen vor allem bei Mittelschichtsjugendlichen einherging mit schlechteren Schulnoten. Bei Kindern aus armen, zerrütteten Familien hingegen machte es bei den Noten nur einen kleineren Unterschied, ob sie nun „verbotene“ Spiele nutzten oder nicht.

BARBARA DRIBBUSCH

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