Die Hauptstadt ist – Berlin

Der Bundestag hat die Hauptstadtklausel nun offiziell in das Grundgesetz aufgenommen. Dafür hatte sich Wowereit höchstpersönlich jahrelang eingesetzt. Faktisch ändert sich für Berlin aber nur wenig

von FELIX LEE

Grund zur Freude gibt es für das Land Berlin eigentlich nicht – wird die gestern vom Bundestag verabschiedete Föderalismusreform vor allem eins bedeuten: weniger Mitspracherecht der Länder im Bund. Und trotzdem werden im Roten Rathaus gestern die Sektkorken geknallt haben: Denn Berlins Rolle als Hauptstadt steht nun endlich im Grundgesetz.

Nach jahrelangen Bemühungen des Senats hat der Bundestag gestern die „Hauptstadtklausel“ in das Grundgesetz aufgenommen. Es fehlt nur noch die Zustimmung des Bundesrats am 7. Juli – woran aber niemand zweifelt – und Berlins Funktion als Repräsentantin des Gesamtstaates ist als Bundesaufgabe festgeschrieben. Der Artikel 22 des Grundgesetzes wird künftig durch folgende drei Sätze ergänzt: „Die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland ist Berlin. Die Repräsentation des Gesamtstaates in der Hauptstadt ist Aufgabe des Bundes. Das Nähere wird durch Bundesgesetz geregelt.“ Bisher stand in dem Artikel bloß: „Die Bundesflagge ist schwarz-rot-gold.“

In den vergangenen Jahren hatte sich der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) höchstpersönlich für diesen Passus eingesetzt, um Berlins besondere Stellung in der Verfassung zu verankern. Damit habe die Reform „eine wichtige Etappe genommen“, sagte Wowereit gestern. „Für die Zukunft unseres Landes ist die Neustrukturierung des Verhältnisses zwischen Bund und Ländern ein beachtlicher Fortschritt“, betonte der Regierungschef.

Faktisch ändert sich für Berlin zunächst allerdings nur wenig. „Mit der Hauptstadtklausel ist eine gesicherte Grundlage geschaffen, um die Angelegenheiten der gesamtstaatlichen Repräsentation in der Bundeshauptstadt zu sichern“, sagte der stellvertretende Senatssprecher Günter Kolodziej. Das werde durchaus irgendwann auch einen finanziellen Charakter haben. „Das heißt aber nicht, dass sofort die Kohle fließt“, sagte Kolodziej. Wowereit hatte in den vergangenen Wochen zwar immer von einem großen Erfolg gesprochen, zugleich aber vor zu hohen Erwartungen gewarnt. Denn worauf der Senat eigentlich hofft, dass der Bund nun mehr Kosten für so genannte Hauptstadtaufgaben übernimmt, wird weiterhin ein Streitpunkt zwischen dem Land Berlin und dem Bund bleiben. Der Senat hatte in den vergangenen Jahren mehrfach darauf hingewiesen, dass etwa die polizeiliche Begleitung der zahlreichen Demonstrationen in der Hauptstadt Jahr für Jahr viel Geld kostet und nicht allein dem Land Berlin aufgebürdet werden darf.

Als unwahrscheinlich gilt es auch, dass weitere Bundesministerien von Bonn nach Berlin ziehen werden. Auch wenn die Rolle Bonns und die Teilung der Ministerien nicht festgeschrieben wurden, bleiben die Verpflichtungen des Bundes gegenüber der früheren Bundeshauptstadt bestehen. Sechs Ministerien mit rund 10.200 Beamten und Angestellten haben ihren Sitz noch am Rhein. In Berlin arbeiten etwa 8.800 Regierungsbeamte.