Studenten wollen Leuchtturm kippen

Am Fachbereich Politik der Freien Universität formiert sich Protest gegen die Exzellenzinitiative von Bund und Ländern. Die millionenschwere Eliteförderung endet aus Sicht der Studierenden in „angewandter Regierungsforschung“

„Euer Geld stinkt“, hat jemand in großen pastellfarbenen Buchstaben auf den Asphalt der Ihnestraße geschrieben. Vor dem Otto-Suhr-Institut (OSI) der Freien Universität bleiben Studierende stehen, um auf einem Transparent die Worte „Freie Bildung statt Elitenbildung“ zu lesen. Heute ist kein normaler Tag am Fachbereich für Politik- und Sozialwissenschaften.

„Wir wollen die Elite versetzen“, sagt Inga Nüthen, die in der Fachschaftsinitiative aktiv ist. Die 22-jährige Politikstudententin hat zusammen mit rund 30 KommilitonInnen die Nacht von Donnerstag auf Freitag im Institut verbracht, um das Innere des Gebäudes auf den Kopf zu stellen. Mit Bergen aus Stühlen und Tischen, die die Eingänge blockieren, wollen die Studierenden den Besuch einer Delegation der Exzellenzinitiative verhindern.

Gerüchten zufolge sollten Mitglieder der „Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder zur Förderung von Wissenschaft und Forschung an deutschen Hochschulen“ gestern unter der Führung von FU-Präsident Dieter Lenzen das OSI begutachten. Die Freie Universität hatte es im Januar in die Vorauswahlrunde für den bundesweiten Wettbewerb der Initiative geschafft. Dabei werden so genannte Spitzenhochschulen ausgewählt und mit Millionenbeträgen gefördert. Mit drei Projekten will es die FU nun in die nächste Runde schaffen. Eines davon ist am OSI angesiedelt und wird von dem Politologen Thomas Risse geleitet. Bei dem Projekt „Governance in a Globalized World“ sollen Wissenschaftler aus verschiedenen Fachbereichen interdisziplinär zu Politik in Zeiten der Globalisierung forschen. Die Hochschule soll hierbei auch mit außeruniversitären Einrichtungen zusammenarbeiten. Für das geförderte Netzwerk stünden pro Jahr durchschnittlich 6,5 Millionen Euro zur Verfügung.

Genau dies wollen die Aktivisten am OSI jedoch verhindern. In ihren Augen reiht sich die finanzielle Prämie nahtlos in die Kürzungsmaßnahmen der letzten Jahre ein. Die Exzellenzinitiative ersetze die bisher gestrichenen Mittel nicht, da sie nur selektiv wirtschaftlich verwertbare Forschung finanziere, heißt es in einem ihrer Flugblätter. „Eliteforschung ist keine kritische Forschung, sondern angewandte Regierungsforschung“, findet Inga Nüthen. „Wir wollen keine aussortierten Leuchttürme, die alles andere in die Dunkelheit verbannen, sondern freie Bildung für alle“, fordern die Studierenden, die sich an dem Protest beteiligen.

Den Erfolg ihrer Aktion können die Studierenden bisher nicht beurteilen – schließlich wissen sie nicht mit Sicherheit, ob die Begutachtung des OSIs gestern tatsächlich geplant war. Goran Krstin, Pressesprecher von FU-Präsident Dieter Lenzen, bestritt gestern Nachmittag, dass eine Begehung des OSIs vorgesehen sei. „Es wurde alles sehr geheim gehalten“, sagt Inga Nüthen. Der Verwaltungsleiter des Fachbereichs, Detlef Brose, bedauert den Protest der Studierenden: „Die Exzellenzinitiative ist für die FU ungemein wichtig.“ Er räumt aber ein, dass die FU das Projekt nicht gut kommuniziert habe. „Wir hätten die Studenten besser informieren sollen“, so Brose. NADJA DUMOUCHEL