fanmeile
: Beispiel für den öffentlichen Raum

Dass die Begeisterung über die Fußball-WM und die Stimmung der Straße politische Begehrlichkeiten und Wünsche weckt, ist evident. Klaus Wowereit macht sich die täglichen Bilder aus Berlin, dem Stadion und von der Fanmeile zunutze, eine neuerliche Olympiabewerbung der Stadt 2020 ins Auge zu fassen. Jeder, der ihm ein Mikrofon hinhält, kann hören, dass Berlin längst „fit“ für die Olympischen Spiele sei. Ebenfalls Oberwasser im schwarzrotgoldenen Partymeer verspüren die neuen Patrioten, die Wirtschaft und die Industrie. Für alles und jeden hat die WM-Kulisse was übrig. Selbst die Ökomobilisten wie der Verkehrsclub Deutschland (VCD) schwimmen auf der Welle mit.

KOMMENTARVON ROLF LAUTENSCHLÄGER

Und das ist gut so. Denn der VCD belebt mit seiner Forderung, die Straße des 17. Juni nach dem Finale an Sommerwochenenden für den Autoverkehr zu sperren, gleich zwei Szenarien innerstädtischer Lebendigkeit, die in Vergessenheit geraten sind. Zum einen hat die Stadt den alten Plan, Fußgänger, Inline-Skater und Fahrradfahrer zu gleichwertigen Verkehrsteilnehmern neben den Automobilisten zu erheben, nie mutig umgesetzt. Ein paar Sternfahrten hier, fünf Kilometer Fahrradwege zusätzlich und drei Ampeln obendrauf, viel mehr gibt es nicht. Auf Sperrungen ganzer Straßenzüge und Quartiere für Pkws, wie Paris es an Sommerwochenenden vormacht, wartet Berlin vergeblich.

Zum anderen zielt die VCD-Idee aber nicht nur auf die ökomobile Flaniermeile. Es geht vielmehr um die Rückgewinnung des öffentlichen Raums. Wenn Fanmeilen, neben dem WM-Zirkus dort, etwas verdeutlichen, dann dies. Die Straße, der Platz und der Park bilden die Bühne des öffentlichen, freien, unbeschränkten Seins. Dieses Sein wird sträflich vernachlässigt, seit semiöffentliche Orte wie der Potsdamer Platz es überformt haben. Die Fanmeile ist Symbol notwendiger Revision.